Als FC Bayerns Klinsmann-Bombe platzte, sagte seine Mama: "Ach du Scheiße"

Hätte, wenn und aber. Oder wie es einst Lothar Matthäus philosophisch ausdrückte: "Wäre, wäre, Fahrradkette." Was wäre gewesen, wenn Gerd Müller oder auch Franz Beckenbauer zum TSV 1860 gewechselt wären? Oder umgekehrt: Wenn der Schleifer Max Merkel, Meistertrainer der Löwen, im Jahr 1979 tatsächlich Chefcoach bei den Bayern geworden wäre?
Der Lauf der Fußballgeschichte – an der Weggabelung stehen oft Trainer bzw. Entscheidungen von Vereinsbossen für oder gegen Mister X. Hier ist die Rede von Jürgen Klopp, der seit Januar als Global Head of Soccer für die Red Bull GmbH tätig ist, also den RB-Kosmos um Leipzig, Salzburg usw. führt. Wer an Klopp denkt, denkt an den FC Liverpool und Borussia Dortmund.
Der Mann mit der Pöhler-Kappe, der einst beim BVB sprach: "Der Begriff 'Pöhler' ist für mich Dortmund." Weil es im Ruhrgebiet auch für den malochenden (Straßen-)Fußballer steht. Und dieser so emotionale Volkstribun-Trainer Klopp, dieser Pöhler sollte sich beim FC Bayern akklimatisieren und mit dem Schickeria-Klub identifizieren? Undenkbar? Machbar? Die Ehe Klopp und Bayern – zugegeben: Ein höchst spannendes Experiment – wäre beinahe Realität geworden. Und das kam so:
Die Chaos-Saison 2006/07: Magaths Ende, Hitzfelds Rückkehr
Die Saison 2006/07 war eine chaotische Spielzeit. Trainer Felix Magath musste Ende Januar 2007 seinen Hut nehmen, obwohl die Bayern unter seiner Führung 2005 und 2006 jeweils das Double gewonnen hatten. Die Realität hieß: Rang vier. Uli Hoeneß überredete seinen Freund Ottmar Hitzfeld, nach der sechsjährigen Ära 1998 bis 2004 zurückzukehren, um die Saison zu retten. Was dem General nur in Sachen vereinsinterne Atmosphäre gelang.
Am Ende wurde Bayern tatsächlich Vierter, verpasste die Champions League und musste in den "Cup der Verlierer" (Franz Beckenbauer). 2007/08 glückte der versöhnliche Abschied des so beliebten Hitzfeld – mit dem Double.
Klinsmann-Bombe platzt – und die Mama sagte: "Ach du Scheiße"
Zuvor war bereits in der Winterpause die Bombe geplatzt. Ohne, dass es geleakt oder irgendjemandem gesteckt wurde, vermeldete der Verein am 11. Januar 2008: Jürgen Klinsmann, damals 43, übernimmt zwei Jahre nach seinem letzten Auftritt als Nationaltrainer bei der Sommermärchen-WM in Deutschland erstmals das Traineramt bei einem Verein. Die dpa schrieb: "Vom 1. Juli an soll der derzeit noch in Kalifornien lebende Kosmopolit das Star-Ensemble des deutschen Fußball-Rekordmeisters führen." Ein Paukenschlag, ein Coup.

Selbst Klinsmanns Mutter Martha war völlig perplex. "Nee, das habe ich noch nicht gewusst. Ach du Scheiße", sagte sie dem Sender "Hit-Radio Antenne 1" in ihrer Bäckerei im Stuttgarter Stadtteil Botnang.
Hoeneß über Klopp: "Wir waren uns einig, dass er zum FC Bayern kommt"
Nun ja, es ging kolossal schief. Im April 2009 war der Trainer-Praktikant schon wieder Geschichte, wurde von einem gewissen Jupp Heynckes auf Retter-Mission abgelöst. Soweit hätte es gar nicht kommen müssen. Denn: Im Januar 2011 erklärte Hoeneß: "Was ich von Jürgen Klopp als Trainer halte, weiß jeder, weil ich ihn ja 2008 statt Jürgen Klinsmann zu uns holen wollte." Damals habe sich der Bayern-Präsident von Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge überzeugen lassen, das "Abenteuer Klinsmann" anzugehen. "Dass das ein großer Fehler war, wissen wir nicht erst seit heute."

Hoeneß verriet später mehr Details zum Fast-Deal mit Klopp: "Wir waren uns einig, dass er zum FC Bayern kommt. Als er von Mainz wegging (nach der Saison 2007/08, d. Red.), da haben wir vor Weihnachten gesprochen, ob er sich vorstellen könne, zum FC Bayern zu kommen. Da hat er gesagt: 'Ja, das kann ich mir vorstellen.'"
Rummenigge: "Ich war mitverantwortlich dafür, Jürgen Klinsmann als Trainer zu holen"
Rummenigge grätschte dazwischen – die Wende. Laut Hoeneß kam Rummenigge "auf die großartige Idee, Jürgen Klinsmann zu verpflichten." Hört man da Ironie heraus? Während Klinsmann beim Rekordmeister sang- und klanglos scheiterte, wechselte Klopp zum Ligakonkurrenten Borussia Dortmund und feierte mit dem BVB zwischen 2008 und 2015 große Erfolge, unter anderem die Meisterschaften 2011 und 2012.
Rummenigge gestand später seine Niederlage ein, sagte: "Ich war mitverantwortlich dafür, Jürgen Klinsmann als Trainer zu holen. Das hat leider nicht funktioniert. Das tut mir sehr leid. Es war keine gute Entscheidung für beide Parteien." Kann man so sagen.