FC Bayern: Im Dreieck läuft’s nicht rund
Bei Bayern-Trainer Louis van Gaal überwiegt nach dem 1:1 in Hoffenheim „das negative Gefühl“.Manager Hoeneß sieht jedoch nur Fortschritte: „Wir werden sehr bald vorneweg marschieren“
HOFFENHEIM Wollen Sie vielleicht etwas Kaltes? Ja, endlich eine gute Idee. Darauf ging Louis van Gaal ein. Ein Reporter hatte ihn gefragt, ob er denn ein Softgetränk haben wolle. Ein Gläschen Prosecco stand ja nicht zur Debatte nach dem 1:1 zum Saisonstart bei der TSG Hoffenheim – trotz van Gaals 58. Geburtstag, trotz seines ersten Hochzeitstages.
Er nahm sich eine Cola aus dem Kühlschrank, trottete die wenigen Meter zurück zum Pult im Presseraum. Schon saß er wieder. Er studierte die frisch gedruckte Teamstatistik, blickte stoisch in die Runde, klopfte gelangweilt auf den Tisch. Von Ralf Rangnick, Hoffenheims Trainer, keine Spur. Noch ein Schluck Cola. Van Gaal entdeckte Jan Schindelmeiser, der am Rande stand und ebenso wartete. „Vielleicht können Sie das machen, Herr Sportdirektor?“, fragte er. Rangnick kam erst nach zehn Minuten.
Auch nach dem Spiel lief es also nicht. „Das negative Gefühl überwiegt, weil ich denke, dass wir am Ende gewinnen mussten“, sagte van Gaal und schimpfte: „Wir haben in der ersten Halbzeit vergessen, Fußball zu spielen – das hat mich enttäuscht.“ Anders die zweite Halbzeit. Van Gaal: „Mit der bin ich zufrieden.“ Der Punkt machte die Musik, einer bei den spielstarken Hoffenheimern ist ja okay – doch die Gesamtaufführung der Bayern, van Gaals ganzheitliches Prinzip, noch nicht. Noch setzen die Spieler das Dreiecks-System des Holländers nicht so um, wie er sich das vorstellt. Die Holland-Schule steht für: Präzisionspässe, totale Spielkontrolle, pressen und verschieben. Der Eindruck nach Spiel eins: Üben, üben, üben.
Van Gaal ist ein leidenschaftlicher Verfechter des 4-3-3-Systems. Da er aber „das Spielermaterial“ (van Gaal) dafür nicht hat, zieht er das 4-4-2 gnadenlos durch. Ob er die Spieler dafür hat oder nicht. Denn noch fehlt Franck Ribéry, der designierte Spielmacher, er befindet sich im Aufbautraining und könnte zum ersten Heimspiel am Samstag gegen Werder Bremen in den Kader zurückkehren. Bis dahin wird er vertreten. Mal wie im Pokal beim 3:1 gegen Neckarelz von Thomas Müller, am Samstag gegen Hoffenheim von Alexander Baumjohann – doch eine echte Alternative sind beide nicht. Weil van Gaal die Mannschaft aber an sein System gewöhnen will, wechselt er rein positionsbezogen. Daher hat Neuzugang Timoschtschuk bisher gegenüber van Bommel und Altintop das Nachsehen. Nun, nach van Bommels Zehenbruch, wird Timoschtschuk als Sechser im defensiven Mittelfeld gebraucht.
Van Gaal spielt auf Zeit und spricht von einem Prozess bis die Spieler ihn und seine Dreiecke checken. Von der Tribüne aus betrachtete Manager Uli Hoeneß die Einführungsveranstaltung des Rasenschachs. Er war begeistert: „Hoffenheim war am Ende kaputt und ist von einem Krampf in den nächsten geflogen.“ Und: „Wenn die Mannschaft solche Fortschritte macht wie heute, habe ich das Gefühl, dass wir sehr bald schon vorneweg marschieren.“ Zumindest er sieht die Bayern durchs Fernglas.
PatrickStrasser