Endlich erwachsen beim FC Bayern
Bastian Schweinsteiger (25) brilliert auf der Position, die er schon immer haben wollte: im zentralen Mittelfeld. So kontert er seine Kritiker – und bringt den Trainer zum Lachen.
TURIN Nur der Trainer stand noch hinter ihm. Bastian Schweinsteiger war der letzte Spieler, der am Turiner Flughafen durch die Sicherheitskontrolle ging. Seine Kollegen waren schon durch, einige tranken noch einen Espresso oder Milchkaffee vor dem Rückflug nach München. Schweinsteiger plauderte ein bisschen mit Louis van Gaal. Irgendwann lachte der Trainer.
Von all den Protagonisten, die im Stadio Olimpico allen Bayern-Fans diese magische Nacht beschert hatten, war Schweinsteiger auf dem Platz der auffälligste Akteur gewesen. Unermüdlich war er über das Spielfeld gerannt, hatte die Bälle gefordert, diese klug weitergespielt, war auf die Flügel ausgewichen und einige Male auch Aushilfe im eigenen Strafraum. Obwohl ihm ein eigenes Tor verwehrt blieb, hatte Schweinsteiger das gemacht, worauf sie bei Bayern lange gewartet hatten: Er war der Chef auf dem Platz.
Das hat viel mit van Gaal zu tun. Der Niederländer war es, der Schweinsteiger zum ersten Mal bei Bayern dort spielen lässt, wo der immer schon spielen wollte: als Stratege im zentralen Mittelfeld.
„Ich glaube, dass er da am Besten ist“, sagte van Gaal am Mittwoch. Seine Vorgänger glaubten das nicht. Noch im Mai hatte Uli Hoeneß, seit jeher Schweini-Chefkritiker, ihn als „Mitläufer“ bezeichnet. Tatsächlich waren Schweinsteigers Leistungen beim FC Bayern oft unbeständig. Klar, er war ein Spieler, der auch an schlechten Tagen Dinge mit dem Ball anstellen kann, die nicht viele andere können. Doch das Spiel an sich reißen, die Kollegen kommandieren, das machte er nicht.
„Bastian hat heute sein bestes Spiel gemacht, seit er beim FC Bayern ist", hatte Karl-Heinz Rummenigge schon direkt nach dem Spiel gelobt.
Es war das größte Lob, das ein Spieler bekommen kann. Und doch heißt das auch: Es hat lange gedauert. Schweinsteiger spielt seit 1998 beim FC Bayern. Bis zu dieser Saison galt er als eines der größten Talente, die der Verein je herausgebracht hat. Zufrieden konnte mit dieser Beschreibung aber zuletzt niemand mehr sein. Schließlich hat Schweinsteiger mit seinen 25 Jahren bereits 72 Länderspiele gemacht. Von so einem erwartet man mehr, als nur ein ewiges Talent zu sein.
Doch spätestens jetzt scheint Schweinsteiger herausgewachsen zu sein aus dieser Rolle. Er scheint erwachsen geworden sein. Auch auf dem Platz. „Ich denke, dass jeder sehen kann, wie wichtig Bastian für unser Spiel und unser System ist“, meinte Trainer van Gaal, „ich kann nicht beurteilen, wie Bastian war, bevor ich kam. Aber seit ich hier bin, war er immer vorbildlich. Nicht umsonst habe ich ihn zu meinem dritten Kapitän gemacht.“ Schweinsteiger sei „ein wichtiger Ansprechpartner“. Und einer, der ihn sogar zum Lachen bringen kann.
Filippo Cataldo