Eiszeit statt Schlichtung! Van Gaal schießt zurück
MÜNCHEN - Vor dem Champions-League-Duell in Cluj kontert Bayerns Cheftrainer Louis van Gaal die überraschenden Attacken von Präsident Uli Hoeneß: „Ich bin sehr enttäuscht“.
Es hat schon schmuckere Unterkünfte gegeben in der Europapokal-Historie des FC Bayern, an hipperen Orten: Madrid, London, Mailand – meist residierte man in den nobelsten Hotels der Stadt. Nun erlangt ein Örtchen mit rund 340.000 Einwohnern in Transsilvanien Berühmtheit: Cluj, die drittgrößte Stadt Rumäniens, zum zweiten Mal hat es der hiesige CFR in die Gruppenphase der Champions League geschafft.
Seit Dienstag wird man die Worte Cluj für immer mit den Herren Hoeneß und van Gaal verbinden, so wie die Kombination Beckenbauer und Lyon immer zur Wutrede auf dem Mitternachtsbankett führt. Nun steht Cluj für: eine Eiszeit – und einen der größten Konflikte zwischen einem Präsidenten und dem Trainer. Zwei Mann, keine Versöhnung.
Es war kurz vor 16 Uhr Ortszeit, als Louis van Gaal im Sala Crystal des Hotels „Opera Plaza Cluj“", einem Raum mit dem Chic des Sozialismus, eine Erklärung vorbrachte. Es hatte den Anschein, als ginge es vor Gericht um die Angelegenheit zweier Parteien. Auf der einen Seite van Gaal, auf der anderen Hoeneß. Er war es, der am Sonntag die Arbeit des Coaches in Frage gestellt hatte.
Van Gaal begann seinen Vortrag ruhig und konzentriert. „Ich bin sehr erstaunt, dass ein Präsident von einem Verein wie dem FC Bayern München in dieser schwierigen Phase mit neun verletzten Spielern das sagt – in diesem Moment." Er sei seit etwas über einem Jahr Trainer des FC Bayern, was ihn „stolz und froh" mache. Daher wolle er einem Mann wie Uli Hoeneß, „nicht widersprechen“.
Seine Sätze wurden immer schneller, seine Stimme lauter. „Aber ich finde, dass so ein Mann mit so einer Bedeutung für den Verein die Konsequenzen seiner Aussagen wissen müsste." Vor dem Abflug in München hatte sich van Gaal die Zeitungen gegriffen und gemurmelt: „Schöne Schlagzeilen!" Nur ein technisches Problem mit dem Mikrofon unterbrach van Gaal kurz, danach sagte er: „Ich bin sehr enttäuscht, dass einer meiner Präsidenten das sagt. Denn das ist eine meiner besten Qualitäten: die Kommunikation." Das Hoeneß speziell den Wert, der angeblich vernachlässigten Gomez, Timoschtschuk und Demichelis herausgehoben hatte, erzürnte den Coach. „Er hat etwas gesagt über meine Zweite-Reihe-Spieler. Das sind nicht meine Wörter, das sind seine. Ich habe die Perspektiven offen gehalten für diese Spieler, wir haben zuletzt 13 Punkte geholt. Das widerspricht dem, was er gesagt hat." Er schloss mit den Worten: „Ich denke aber, dass es jetzt besser ist, wenn wir über Cluj sprechen.“ Nachfragen beantwortete er nicht.
Das größte Problem hat nun Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der als Schlichter auftreten soll. Eine delikate Aufgabe, zwischen diesen zwei Alphatieren zu vermitteln. „Wir müssen jetzt miteinander sprechen, nicht übereinander", forderte Rummenigge, „es ist so wie bei Stuttgart 21, dass man die Parteien aufeinander zubewegt. Ich glaube, dass wir die Dinge einfacher lösen können als die Leute in Stuttgart, die Fronten sind nicht so verhärtet." Wenn er da mal nicht falsch liegt.
Patrick Strasser