Die Geburtsstätte des Kaisers: In diesem Münchner Haus kam Franz Beckenbauer zur Welt
München, Heimat der Blauen und der Roten, Schauplatz großer Spiele in der Champions League, bei Welt- und Europameisterschaften. Eine Stadt, in der der Fußball Geschichte schrieb.
In seinem neuen Buch "99 Münchner Fußballorte" geht AZ-Autor Florian Kinast nun in München und seinem Umland auf Spurensuche und besucht nicht nur alte und aktuelle Spielstätten. Er geht auch Fragen nach wie: Wo liegen die Gründungsorte der Bayern und der Löwen? Wo lebten und wirkten bedeutenden Persönlichkeiten der beiden Klubs? Wo kam der Kaiser auf die Welt und wo liegt er begraben? Wo wohnte Otto Rehhagel unter dem Pseudonym Rubens und wo baute Uli Hoeneß seinen ersten Autounfall? Wo drehte Thomas Müller sein Abschiedsvideo aus München, wo brach Manuel Neuer zu einer verhängnisvollen Skitour auf? Und wo blieb Karl-Heinz Wildmoser auf seinen Kalbshaxen sitzen?
In einer sechsteiligen Exklusiv-Serie stellt die Abendzeitung in dieser Woche sechs der Orte aus Kinasts Buch vor. Heute: die Geburtsstätte von Franz Beckenbauer.
Franz Beckenbauer kam vier Monate nach Kriegsende zur Welt
Es war am 11. September 1945, als bei Antonie Beckenbauer in ihrer Wohnung in Obergiesing die Wehen einsetzten – und sie aufbrach, um nach ihrem ersten Sohn Walter 1941 nun ihr zweites Kind zur Welt zu bringen. Es war ein langer Weg für die 32-jährige Hausfrau, fünf Kilometer in die Klinik in der Maxvorstadt, durch die Ruinen des zerbombten München, vier Monate nach Kriegsende.
Ein Stück des Wegs ging sie zu Fuß, dann fuhr sie mit der Tram. Einmal erzählte sie auch, hilfsbereite GI-Soldaten der amerikanischen Befreiungstruppen hätten sie auf der letzten Etappe in einem Jeep bis vor die Tür gefahren. In die Richard-Wagner-Straße 19, zur Privatklinik Dr. Haas, wo Franz Beckenbauer an diesem Spätsommertag 1945 auf die Welt kam.

1910 hatte der Chirurg Alfred Haas das Gebäude im Jugendstil erbauen lassen und dort seine Klinik für zunächst 45, nach einer Erweiterung für 60 Patientinnen und Patienten eingerichtet. Haas war Schwiegersohn von Brauereibesitzer Joseph Schülein, als Jude erlebte auch der Mediziner Repressionen durch den Nazi-Terror, 1938 emigrierte er nach New York.
In seiner Vita machte Beckenbauer Giesing zum Inbegriff seiner Herkunft
Das Krankenhaus wurde zu einer Entbindungsklinik, die Pflegerinnen nannte man die "braunen Schwestern". Gleich nach Kriegsende bekam Haas sein Eigentum wieder zurück, er blieb aber in den USA und verkaufte das Gebäude an einen Franziskanerinnen-Orden. Den Namen ihres Gründers behielt die Klinik weiter. Mitte der 1990er Jahre stellte man den Klinikbetrieb ein, heute befinden sich in dem denkmalgeschützten Gebäude Eigentumswohnungen.
Antonie Beckenbauer und ihr Zweitgeborener kamen wenige Tagen nach der Entbindung wieder heim, in seiner Vita wurde Giesing wurde zum Inbegriff seiner Herkunft. Die Geburtsstätte von Franz Beckenbauer liegt aber hier in der Maxvorstadt.

Florian Kinast: 99 Münchner Fußballorte, Carl Ueberreuter Verlag, ISBN-10: 3800078929
