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Bayerns Krisenjahre: Uli Hoeneß übernimmt, als der Verein am Tiefpunkt angelangt ist

Teil III der AZ-Serie zu den Krisenjahren des FC Bayern: 1979 sind die Münchner in Europa nur Zuschauer, eine Rebellion führt zum Präsidenten-Sturz – und Uli Hoeneß übernimmt an der Säbener Straße.
von  Patrick Strasser
Aller Anfang ist schwer – selbst für einen Uli Hoeneß (Mitte): Als der Stürmer 1979 an der Säbener Straße übernimmt, steckt der FC Bayern schon seit Jahren in der Krise.
Aller Anfang ist schwer – selbst für einen Uli Hoeneß (Mitte): Als der Stürmer 1979 an der Säbener Straße übernimmt, steckt der FC Bayern schon seit Jahren in der Krise. © imago

München - In der Vorsaison ein zermürbender Abstiegskampf, am Saisonende ein blamabler Platz zwölf – der FC Bayern, Mitte der 70er noch drei Mal in Folge auf Europas Thron als Gewinner des Europapokals der Landesmeister, ist jäh abgestürzt.

Die Saison 1978/79 schmerzt von Beginn an, weil man erstmals seit zehn Jahren nur Zuschauer bei den Europacup-Bewerben ist. Dafür kehrt der verlorene Sohn Paul Breitner zurück. Die Wende zum Guten?

Saisonstart mit Schwierigkeiten: "Bulle" Roth verlässt den FC Bayern, Team scheitert im Intertoto-Cup

Vorgeschichte/Ausgangslage: Nach dem Ende der katastrophalen Saison nimmt man noch im Mai am wenig lukrativen Intertoto-Cup teil, gewinnt allerdings nur eine von sechs Partien der Gruppenphase, bei den Heimspielen im Olympiastadion verlieren sich nur ein paar Tausend Zuschauer. Die für die WM 1978 in Argentinien nominierten Nationalspieler sind da längst in der Turnier-Vorbereitung.

Torhüter Sepp Maier, Karl-Heinz Rummenigge und Katsche Schwarzenbeck (blieb ohne Einsatz) kehren nach der "Schmach von Córdoba", dem 2:3 gegen Nachbar Österreich, vorzeitig nach Hause zurück. In "Bulle" Roth verlässt die nächste Europacup-Legende den FC Bayern, wechselt nach Salzburg.

Mit "Breitnigge" kehrt endlich der Erfolg zurück: Karl-Heinz Rummenigge (l.) und Rückkehrer Paul Breitner.
Mit "Breitnigge" kehrt endlich der Erfolg zurück: Karl-Heinz Rummenigge (l.) und Rückkehrer Paul Breitner. © imago

Das Unheil nimmt seinen Lauf: FC Bayern scheitert im DFB-Pokal gegen den VfL Osnabrück

Saisonverlauf/Titel-Ausbeute: In die Bundesliga-Saison startet man mit vier Siegen aus sechs Spielen ziemlich ordentlich, belegt nach dem sechsten Spieltag Platz zwei hinter dem 1. FC Kaiserslautern, dann ereilt das Team des bei den Spielern unbeliebten Trainers Gyula Lorant der erste Rückschlag: In der 2. Runde des DFB-Pokals setzt es trotz dreier Treffer von Gerd Müller zu Hause ein peinliches 4:5 (nach zwischenzeitlicher 4:3-Führung) gegen den VfL Osnabrück, damals in der 2. Bundesliga Nord.

Nach durchwachsener bis mieser Hinrunde und internen Querelen gegen den harschen Führungsstil von Lorant folgt auf das blamable 1:7 bei Fortuna Düsseldorf am 9. Dezember 1978 der heftige Knall: Lorant wird – offiziell aus gesundheitlichen Gründen – entlassen.

Zum Nachfolger beruft man den bisherigen Co-Trainer Pál Csernai, ebenfalls ein Ungar. Spielerische Besserung tritt kaum ein, die Ergebniskrisen bleiben bestehen. Als die Bayern am 10. März vor nur noch 11.000 Fans daheim gegen Arminia Bielefeld mit 0:4 versagen, will Präsident Wilhelm Neudecker einen Mann verpflichten, der Zucht und Ordnung in die Truppe bringen soll: Max Merkel, 1966 Meistertrainer der Löwen.

Präsident Neudecker tritt zurück: FC-Bayern-Mannschaft gewinnt Machtkampf

Die Mannschaft um Kapitän Maier ("Der Merkel wird bei uns kein Trainer!") und Wortführer Breitner rebelliert, boykottieren das Training, nachdem Merkel übernehmen soll. "Mit einem solchen Kapitän und einer solchen Mannschaft kann ich nicht weiter zusammenarbeiten", sagt Neudecker und tritt nach 17 Jahren im Amt entnervt zurück.

Die Spieler haben ihren Präsidenten gestürzt. Befreit triumphieren die Revoluzzer am nächsten Spieltag mit 7:1 auf dem Gladbacher Bökelberg. Am Saisonende reicht es immerhin noch zu Platz vier samt Qualifikation für den Uefa-Cup.

Die Revolution wegen Ex-Sechzger Max Merkel führt zum Präsidentensturz: Wilhelm Neudecker (l.) mit seinem Nachfolger Willi O. Hoffmann.
Die Revolution wegen Ex-Sechzger Max Merkel führt zum Präsidentensturz: Wilhelm Neudecker (l.) mit seinem Nachfolger Willi O. Hoffmann. © imago

Lehren/Konsequenzen: Der erst 27-jährige Uli Hoeneß wird überraschend von Neudecker zum Manager ernannt. Am Ende seiner erfolglosen Leihe zum 1. FC Nürnberg (12 Pflichtspiele von November '78 bis März '79) muss Hoeneß wegen Knieproblemen seine Karriere beenden. Im Mai 1979 tritt er an der Säbener Straße seinen Job an.

Da ist Gerd Müller bereits weg. Der "Bomber der Nation" wechselt im März im Streit mit Trainer Csernai und Boss Neudecker in die US-Profiliga zu den Fort Lauderdale Strikers. Neudeckers Nachfolger wird Willi O. Hoffmann. Im Gespann mit Jung-Manager Hoeneß führt "Champagner-Willi" die Bayern in eine stabilere, bessere Zukunft.

Uli Hoeneß' erste Amtshandlung: Er verpflichtet Bruder Dieter (l.).
Uli Hoeneß' erste Amtshandlung: Er verpflichtet Bruder Dieter (l.). © imago

Obwohl auch Sepp Maier (Karriere-Ende nach schwerem Autounfall) und Schwarzenbeck (chronisches Achillessehnenleiden) aufhören müssen, stellt Hoeneß eine neue Elf um seinen Bruder, Mittelstürmer Dieter Hoeneß, zusammen, den er vom VfB Stuttgart holt.

Die Zugänge Hans Weiner, Wolfgang Dremmler und Wolfgang Kraus werden ebenfalls Stammspieler. Das Duo "Breitnigge" führt die Bayern 1980 erstmals nach sechs Jahren wieder zum Meistertitel. Rummenigge wird Torschützenkönig sowie Deutschlands und Europas Fußballer des Jahres.

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