Angeschossen!
Pro forma haben Präsident Uli Hoeneß und Coach Louis van Gaal wieder Frieden geschlossen. Doch die Bayern-Historie zeigt, dass Attacken der Bosse auf Trainer oftmals recht bald die Trennung folgte.
MÜNCHEN Ein Frieden um des Friedens Willen. Bayern-Präsident Uli Hoeneß und Trainer Louis van Gaal haben sich am Dienstag, am Tag vor dem Champions-League-Match im rumänischen Städtchen Cluj, nach einem beispiellosen fernmündlichen Zoff die Hand gegeben und eine bessere Zusammenarbeit für die Zukunft vereinbart. Der Vorstand um Karl-Heinz Rummenigge sowie Karl Hopfner plus Sportdirektor Christian Nerlinger sowie Hoeneß und van Gaal sollen sich nun öfter treffen, um sich über aktuelle Dinge auszutauschen.
Wenn man so will, ein Erfolg für Hoeneß, der als Präsident und Aufsichtsratschef bei den montäglichen Sitzungen des Vorstandes mit dem Trainer außen vor war – seit seinem Abschied als Manager zum Jahresanfang. Nun hat Hoeneß wieder einen besseren Zugriff auf den Trainer und ist wieder mittendrin im operativen Geschäft. Eine Tatsache, die vielleicht bei Rummenigge und Sportchef Nerlinger nicht nur Glücksgefühle auslösen dürfte.
„Ich habe eine Position im Verein, wo ich mir das erlauben kann“, sagte Hoeneß nun der „Süddeutschen Zeitung“ und erläuterte den Grund für seine Attacken: „Ich habe im Leben gelernt, Streit, wenn er unvermeidlich ist, nicht aus dem Weg zu gehen. Das ist halt jetzt mein Eindruck, und wenn man nun gut damit umgeht, kann es nur positiv sein."
Nicht immer in der Bayern-Historie konnte solch ein Zoff zwischen einem Trainer und dem Präsidium/Vorstand später gekittet werden. Die AZ zeigt an einigen ausgewählten Beispielen, was nach einem Zerwürfnis mit einem „angeschossenen“ Coach passierte:
UDO LATTEK
Dessen erste Ära war die erfolgreichste in Bayerns Historie, aber auch er hatte seinen „Spaß" mit den Oberen. Nach dem Titel-Hattrick (1971-74) und dem Landesmeister-Cup (1974) waren seine Stars, von denen sechs zudem Weltmeister geworden waren, satt. Als Sündenbock aber musste Lattek herhalten, den Neudecker schon 1973 nach dem historischen 4:7 in Kaiserslautern angegriffen hatte. Feierabend war erst in der Krisensaison 74/75. Lattek hatte mit Düsseldorf verhandelt und von Neudecker einen bösen Brief bekommen, woraufhin er im Frust schriftlich um Vertragsauflösung zum 30. Juni bat. Man vereinbarte zwar eine beiderseitige Bedenkfrist bis Ende März, aber das Tischtuch war zerschnitten und Lattek durfte schon am 2. Januar gehen - Bayern war Vierzehnter.
PAL CSERNAI
Gyula Lorants Ex-Assistent Pal Csernai holte zwei Meistertitel in vier Jahren (1979-83). Am Ende aber waren die Oberen unglücklich mit ihm, er galt als schlechter Werbeträger, die Sponsoren beschwerten sich. Wie van Gaal setzte Csernai in erster Linie auf seine Stammkräfte und Uli Hoeneß stieß sauer auf, wie viele Spieler in seiner Ära scheiterten. „Ich habe Nachtweih nicht für die Bank gekauft", teilte er Csernai etwa öffentlich mit. Als es um einen neuen Vertrag ging, sagte der Manager: „Ich glaube kaum, dass wir ihm gegen den Willen der Fans den Rücken stärken können, wenn wir in eine mehrwöchige Durststrecke kommen." Das war's dann.
JUPP HEYNCKES
Zum Ex-Gladbacher, der bei den Fans umstritten war, ging der Vorstand in der Krisensaison 1991/92 nach zuvor zwei Titeln schon nach dem zweiten Spieltag auf Distanz. Präsident Fritz Scherer diskutierte nach einem 1:2 gegen Rostock die Trainerfrage und nach dem Pokal-Aus gegen Zweitligist Homburg bot man Kalle Rummenigge den Trainer-Job an. Da kündigte Heynckes innerlich, Hoeneß erlöste ihn nach dem zwölften Spieltag. Nachfolger Sören Lerby war nur eine Marionette.
OTTO REHHAGEL
Er sagte schon im Oktober 1995: „Ich habe das Gefühl, dass man in München ständig attackiert wird." Rehhagel scheiterte auch am Dreigestirn Uli/Kalle/Franz. Besonders der Kaiser quälte ihn in seiner Funktion als TV-Kommentator regelmäßig. Da war von einer „Schülermannschaft" und „Katastrophenspielen" die Rede und noch immer geht das Gerücht, er habe damals in Hamburg Scholl in die Elf gedrückt. Im März 1996 gab es Gespräche mit Trapattoni, der neue Vertrag mit ihm wurde in Mailand aufgesetzt – als Otto noch regierte.
OTTMAR HITZFELD
Bei seinem zweiten Bayern-Engagement ab Februar 2007 griff Vorstand Rummenigge seine berechnende Spielweise im November nach einem 2:2 gegen Bolton an: „Fußball ist keine Mathematik." Dabei war man bis dato ungeschlagen. Hitzfeld kam nie darüber hinweg und verzichtete über Silvester von sich aus auf Verhandlungen über einen neuen Vertrag. Immerhin: Er holte das Double 2008 und wurde ehrenvoll verabschiedet.
Udo Muras, Patrick Strasser