Campino berührt, Kahn tritt nach

Der Sänger der Toten Hosen hält beim bayerischen Sportpreis die Laudatio auf Janine Pietsch, die Kämpferin gegen den Krebs. Sepp Maier, fürs Lebenswerk geehrt, vergibt Klinsmann.
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Torhüter-Legenden unter sich: Sepp Maier (r.) und Oliver Kahn, zwei die sich richtig gut verstehen.
dpa Torhüter-Legenden unter sich: Sepp Maier (r.) und Oliver Kahn, zwei die sich richtig gut verstehen.

Der Sänger der Toten Hosen hält beim bayerischen Sportpreis die Laudatio auf Janine Pietsch, die Kämpferin gegen den Krebs. Sepp Maier, fürs Lebenswerk geehrt, vergibt Klinsmann.

Und dann kam Campino, Laudator im Auftrag des Ministerpräsidenten. In ausgewaschenen Bluejeans, grauem Schmuddelshirt und mit der Erkenntnis, „dass es sich auf den ersten Blick komisch anhört, wenn ich in Bayern bei so einer Veranstaltung auftauche“. Was die in Abendgarderobe anwesenden Gäste Horst Seehofers beim bayerischen Sportpreis dann vom Sänger der „Toten Hosen" zu hören bekamen, berührte alle. Campino verlieh den „Jetzt-erst-Recht"-Preis an Weltklasseschwimmerin Janine Pietsch, mit der er seit den Olympischen Spielen 2004 und einer gemeinsam durchzechten Athener Nacht befreundet ist. Im Herbst 2008 schrieb sie Campino per SMS, dass sie Brustkrebs hat, „doch wie sie das aufgeschrieben hat, klang es so, als wolle sie sagen, dass sie Husten hat“.

Er sprach von „ihrer kämpferischen Haltung, das Spiel des Lebens gegen den Tod aufzunehmen". Schwärmte vom „offenen Umgang mit dem Schicksalsschlag“, mahnte, „nie den Menschen hinter dem Sportler zu vergessen". Und mit derselben Inbrunst, mit der er seine Punkhymnen schmettert, prangerte Campino an, „wie charakterlos es ist, den Sportlern nur im Moment des Triumphs zuzujubeln, sie aber in ihrer Verzweiflung allein zu lassen."

Campino schloss mit der Hymne seines Lieblingsklubs FC Liverpool, die in diesem Moment wie geschrieben schien für Pietsch: „When you walk with hope in your heart, you’ll never walk alone!" Das gediegene Publikum erhob sich für den Rocker und die Kämpferin gegen den Krebs, die nun „mit den Tränen kämpfte“, wie sie gestand, „weil seine Rede so ergreifend war und mir sehr nahe ging“.

Tatsächlichwar Campions Laudatio eine Ruck-Rede, anders als jene vom früheren Ruck-Redner und ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Der kam mit einem Kalauer daher. „Die Bayern haben einen, der heißt Lahm - dabei ist er genau das Gegenteil." Nun ja, viel flotter wurde Herzogs Laudatio auf Philipp Lahm, Preisträger in der Kategorie Hochleistung Plus, nicht mehr. Herzog, Kuratoriumsmitglied der Philipp-Lahm-Stiftung, lobte die „Bescheidenheit" des Bayern-Profis, der von seinen Auslandsreisen „immer mit Eindrücken nach Hause kommt von den Ärmsten der Armen, und dann lässt er das in neue Projekte einfließen.“ Lahm lakonisch: „Ich engagiere mich gerne – das ist interessant und etwas anderes als Fußball."

Staatstragend wurde es dann bei Oliver Kahn, ausgerechnet bei der Laudatio auf einen Gaudiburschen, der für sein Lebenswerk geehrt wurde. Kahn pries Sepp Maier, der 14 Jahre lang sein Torwartrainer war, doch wenn man Kahn so reden hörte, sprach er auch über sich selbst. „Du bekommst diesen Preis auch für die Aufrichtigkeit, die man ja oft teuer bezahlen muss. Mit tut es heute noch weh, auf welche Art du vor der WM 2006 aus der Nationalmannschaft gedrängt wurdest. Das war unwürdig für jemanden, der so viel für den deutschen Fußball geleistet hat und der immer ehrlich mit anderen umgegangen ist." Alle wussten, gegen wen hier nachgetreten wurde, auch wenn Kahn Jürgen Klinsmann nicht erwähnte. Maier bleib gelassen: „Man muss vergessen können. Ich bin nicht nachtragend." Er nicht.

Am Ende stand dann der Gastgeber auf der Bühne und überreichte seinen persönlichen Preis an Golf-Profi Bernhard Langer und an Ski-Legende Rosi Mittermaier, die sich neulich auf der Zugspitze mit Karin Seehofer zum Skifahren verabredet hatte und nun bat: „Herr Ministerpräsident, geben Sie Ihrer Frau frei." Seehofer: „Ja, sowieso! Hauptsache, Sie nehmen mich nicht mit." BR-Moderator Gerd Rubenbauer, vom Ehemann Seehofer scheinbar irritiert: „Wie ist denn das nun wieder gemeint?" Seehofer schmunzelnd: „Ich kann’s halt einfach nicht." Das Skifahrn. Zum Abspann schnulzte Reinhard-Es-lebe-der-Sport-Fendrich. „Weilst a Herz hast wia a Bergwerk!" Für Campino war das wohl die Höchststrafe.

Gunnar Jans, Florian Kinast

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