Brink: "In Rio wäre es für uns schwer geworden"

Jonas Reckermann und Julius Brink: Die Goldmedaillengewinner von London 2012 über Beachvolleyball, Brasilien als Heimatland ihrer Sportart, Sand in der Hose, Kleiderregeln, das Karriereende und ihr privates Verhältnis heute.
Florian Auburger |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
In London 2012 Olympiasieger: Die Beachvolleyballer Julius Brink (rechts) und Jonas Reckermann.
dpa In London 2012 Olympiasieger: Die Beachvolleyballer Julius Brink (rechts) und Jonas Reckermann.

München - Der jetzt 34-jährige Brink war zusammen mit dem nun 37-jährigen Reckermann Weltmeister im Beachvolleyball 2009, im Jahr 2012 holte das Duo auch noch Gold bei den Olympischen Spielen in London.

AZ: Herr Brink, Herr Reckermann, Sie fliegen nach Ihrem Olympiasieg 2012 als TV-Experten nach Rio. Würden Sie nicht lieber noch einmal aktiv an den Start gehen?
JULIUS BRINK: Das hätte ein schönes Karriereende in Rio werden können. Ich glaube aber auch, dass unsere beste Zeit um 2012 war. Bei dem Niveau, das mittlerweile im Beachvolleyball herrscht, wäre es für uns schwer geworden, dieses Mal eine Medaille zu gewinnen. Ich freue mich jetzt, den Sport aus einer ganz anderen Perspektive begleiten zu können. Außerdem werde ich mir in Rio bestimmt ein Beachvolleyball-Feld suchen und dort eine Runde zocken, an einem der schönsten Strände.

Lesen Sie hier: Das sind die besten Apps zum Mega-Sport-Event in Rio

In den letzten Wochen gab es immer wieder Kritik an der Organisation.
BRINK: Vor den Spielen in London hatte ich ein wenig Skepsis – wie jetzt in Rio auch –, ob die Organisation funktioniert. Eine Frage ist immer: Klappt der Verkehr? Werden die Stadien fertig? In dieser Hinsicht ist Beachvolleyball ein Paradebeispiel. Wir spielen in temporären Stadien. Mit unserer Sportart könnten wir die Olympischen Spiele der Zukunft zeigen. Das bedeutet, nicht die Kosten in die Höhe treiben, und Stadien zu bauen, die dann verwaisen. Sondern an schöne Orte zu gehen und diese dann auch wieder so zu hinterlassen, wie sie vorgefunden wurden.

Welche Stimmung kann man in Rio erwarten?
BRINK: In Brasilien hat Beachvolleyball einen Stellenwert wie nirgendwo sonst. Es gilt neben den USA als Heimatland unserer Sportart. Also wird da bei den Olympischen Spielen einiges abgehen. Viele Medien und Fans des Olympischen Sports können sich noch nicht wirklich vorstellen, was da passieren wird, wenn Beachvolleyball auf Copacabana und Olympische Spiele trifft.

Lesen Sie hier: Walkenhorst/Ludwig: So geht Beachvolleyball

Wie sind die Chancen für unsere deutschen Beachvolleyballer in Rio?
RECKERMANN: Zweigeteilt. Für die Frauen sehr gut. Da haben wir Top-Favoriten am Start mit Ludwig/Walkenhorst und Borger/Büthe. Bei den Männern ist es schon dünner. Böckermann/Flüggen haben es knapp nach Rio geschafft. Unter normalen Voraussetzungen werden die beiden nicht ins Halbfinale kommen. Männerbeachvolleyball ist hinsichtlich der Olympia-Qualifikation schon eine Enttäuschung.

 

 

Was haben Sie eigentlich gemacht, wenn Sie Sand in der Sporthose hatten?
BRINK: In den seltensten Fällen habe ich mich darum gekümmert. Das merkt man kaum.
RECKERMANN: Und wenn, dann kann man ihn rauslassen oder abduschen. Sand bleibt überall hängen, in allen Bereichen und Körperöffnungen. Damit muss man leben, das ist Berufsrisiko beim Beachvolleyball.

Immer wieder waren die Reglements hinsichtlich Sportbekleidung Thema. Seit 2012 wurden einige Vorgaben gelockert. Wie empfanden Sie diese Diskussion?
BRINK: Beachvolleyball wird weltweit gespielt, in allen Kulturen und Regionen. Dann ist es doch klar, dass in islamisch geprägten Ländern unsere Sportart Reglements haben muss, die den dort herrschenden kulturellen Bedingungen entsprechen. Da muss schon Rücksicht darauf genommen werden. Aber die Diskussion kann ich nicht verstehen. Ich könnte viele Menschen nach den fünf wichtigsten Regeln im Beachvolleyball fragen, sie würden sie nicht kennen. Aber sie wissen, dass die Höschen irgendwann mal reglementiert wurden.

Lesen Sie hier: Van Almsick - "Wenks Siegeswille ist legendär"

Haben Sie noch viel Kontakt?
RECKERMANN: Über Beachvolleyball – vor allem durch unsere Tätigkeit für Sky – treffen sich unsere Wege immer wieder. Wir sehen uns also ab und zu, machen zusammen Beachvolleyball-Camps, halten gemeinsame Vorträge. Aber es ist nicht so, dass wir uns abseits dieser Termine einmal die Woche zum Kino verabreden. Wir haben beide Familie. Also ist es ähnlich wie zu aktiven Zeiten. Sie mussten beide aus gesundheitlichen Gründen Ihre Karriere beenden.

Hätten Sie sich einen besseren Abgang gewünscht?
BRINK: Ich hatte einen anderen Plan. Dann war ich verletzt und hatte nicht mehr die Möglichkeit, meinen Sport auf dem Niveau auszuüben, wie ich es wollte. Irgendwann denkst du auch an die Zeit nach dem Sport. Wenn ich dann merke, dass ich nach meiner Karriere eventuell noch körperliche Einschränkungen haben könnte, dann bin ich eben nur bedingt bereit, dem Leistungssport einen Großteil meines Lebens unterzuordnen. Vielleicht war es gut, dass mir die Entscheidung abgenommen wurde. Das bewusst zu entscheiden und den richtigen Moment zu finden, ist brutal schwer.


RECKERMANN: Die Copacabana wäre natürlich ein Riesending gewesen. Die letzte große Aufgabe aber, die man als Sportler hat, ist, den richtigen Moment zum Aufhören zu finden. Ich war damals nicht bereit, meine Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Und ich will schon noch ein paar Jahre Sport machen können. Rückblickend bin ich mit der Entscheidung zufrieden. Ich habe mit der Goldmedaille aufgehört. Es war eben nicht freiwillig. Daher war mein Abgang keine Eins mit Sternchen – sondern "nur" eine Eins.

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.