Michael Mittermeier stellt klar: "Ich war nie woke und werde nie woke sein"

Michael Mittermeier zählt zu den erfolgreichsten Comedians in Deutschland und schreckt nicht davor zurück, auch seine politischen Ansichten zu äußern. Im Gespräch mit der AZ findet der bayerische Kabarettist deutliche Worte zur aktuellen Weltlage – und verrät auch, wie er die momentane Humorlandschaft bewertet.
von  Eva Meeks
Michael Mittermeier hat sich als Comedian weit über die bayerischen Landesgrenzen hinaus etabliert. Im Gespräch mit der AZ schlägt der Entertainer politische Töne an.
Michael Mittermeier hat sich als Comedian weit über die bayerischen Landesgrenzen hinaus etabliert. Im Gespräch mit der AZ schlägt der Entertainer politische Töne an. © imago/APress

Michael Mittermeier (58) ist auf den großen Comedy-Bühnen zu Hause und weiß, wie man ein Publikum unterhält. Der sympathische Oberbayer reißt jedoch nicht nur seichte Scherze – auch seine politischen Ansichten tut Mittermeier in seinen Programmen gerne kund. Mit der AZ spricht der 58-Jährige nun ganz offen über die aktuelle Stimmungslage in Politik und Gesellschaft – und hält sich dabei mit deutlicher Kritik nicht zurück.

Michael Mittermeier zur AZ: "Versuche, die Angst nicht zuzulassen"

In seinem aktuellen Comedy-Programm "Flashback", das ihn am 14.11.2025 und am 23.4.2026 nach München in den Circus Krone führt, wagt Michael Mittermeier eine Reise in die Zukunft. Der AZ verrät er, ob ihm diese manchmal Angst einjage: "Vielleicht ein bisschen Sorge, aber ich bin generell kein Angst-Mensch. Ich versuche, die Angst nicht zuzulassen. Ich habe das Gefühl, wenn ich zu große Angst habe, beeinflusst das mich und es beeinflusst meine Comedy, es beeinflusst, wie ich mich bewege und wohin ich gehe." Im Hinblick auf die aktuelle Weltlage meint der Komiker: "Ich glaube irgendwie doch immer an das Gute auf lange Sicht."

Michael Mittermeier tourt seit 2024 mit "Flashback – Die Rückkehr der Zukunft" durch Deutschland.
Michael Mittermeier tourt seit 2024 mit "Flashback – Die Rückkehr der Zukunft" durch Deutschland. © imago/Funke Foto Services

Michael Mittermeier über Friedrich Merz: "Einen Kanzler, den nie jemand wollte"

Für das Ergebnis der Bundestagswahl findet Michael Mittermeier in der AZ deutliche Worte: "Wenn mir jemand vor zwei Jahren gesagt hätte, das Friedrich Merz Kanzler wird, hätte ich geantwortet: 'Gib mir die Nummer von deinem Dealer, denn ich hätte auch gerne das Gras, das du geraucht hast!' Es ist absurd. Wir haben einen Kanzler, den nie jemand wollte. Der ist in der CDU zweimal an die Wand gelaufen, wurde schon von Angela Merkel abgesägt, und jetzt sitzt er bald im Kanzleramt."

Der Komiker äußert in der AZ einen klaren Wunsch: "Ich hoffe, die Politiker betreiben jetzt wirklich mal konstruktive Politik, ohne Populismus und Wahnsinn. Ich hoffe, dass sie sich hinsetzen und miteinander einen guten Weg finden. Und nicht wieder nur den fünften Teil einer öden Großen Koalition bilden. Die Große Koalition ist die Übergangsjacke unter den Regierungen. Das ist die Jacke, die man eigentlich nicht anziehen will. Dann doch lieber die warme oder die kalte!"

Michael Mittermeier stellt klar: "Wir haben keine Zensur"

Vom verbreiteten Vorwurf, heutzutage in der Meinungsfreiheit eingeschränkt zu sein, halte Michael Mittermeier gar nichts, wie er in der AZ klarstellt: "Das Wort 'Zensur' wird gerade von den Rechten in Amerika komplett überstrapaziert und hier übernehmen das leider auch einige. Wir haben keine Zensur! Auch wenn wir darauf achten, uns in den Sozialen Medien einen Grundrest an Anstand zu bewahren, ist das eine wichtige Aufgabe, aber beim besten Willen keine Zensur."

Er findet: "Das Wort Zensur wird immer gleich angeführt, obwohl das, was hier passiert, absolut nichts mit Zensur zu tun hat. Wenn Alice Weidel oder Donald Trump die Geschichte umschreiben wollen und dafür gefactchecked werden, hat das nichts mit Zensur zu tun."

Und auch in der Comedy-Branche wolle er davon nicht sprechen: "Wenn ein Joke zu weit geht, regelt sich das von selbst. Luke Mockridge hat nach seinem Witz eine Sendung verloren, die drei Tage später ausgestrahlt werden sollte. Die Tour war zwei Wochen lang gestrichen. Aber dann ist er wieder auf die Bühne gegangen, weil er nun mal ein Comedian ist. Er ist einmal zu weit gegangen und hat dafür die Konsequenzen tragen müssen. Wenn man sehr weit geht oder auch sehr billig geht, dann ist klar, dass es mal kracht."

Michael Mittermeier ehrlich: "Nur schlechte Comedians jammern rum"

Dass Political Correctness die Comedy-Branche kaputt gemacht habe, möchte Michael Mittermeier also nicht unterschreiben: "Ich glaube, diese Diskussion wird immer viel zu laut geführt. In den Medien wird das immer viel mehr breitgetreten, als es sein müsste. Und ich finde: Nur schlechte Comedians jammern rum. Immer, wenn sich jemand auf der Bühne darüber beschwert, dass man heutzutage ja nichts mehr sagen dürfe, denke ich: 'Dann geh doch heim zu deiner Mama, wein‘ dich aus und such dir einen anderen Beruf.'"

Seine eigenen Erfahrungen hätten Michael Mittermeier gelehrt: "Man muss teilweise mit heftigen Beschimpfungen klarkommen. Hunderte Menschen, die einem alles Mögliche an den Kopf werfen oder einen gar bedrohen. Das war immer schon so und es wird immer so bleiben. Es wird tatsächlich auch extremer, aber: Man darf noch immer alles sagen, kriegt dann halt aber auch eine Antwort darauf. Und ich glaube, das vergessen viele dieser Comedians, die dauernd herumjammern. Man darf ja trotzdem seine eigene Sprache finden, um seine Message rüberzubringen. Und wer das nicht schafft, soll bitte daheim bleiben."

Michael Mittermeier fühlt sich in seiner Meinungsfreiheit nicht eingeschränkt.
Michael Mittermeier fühlt sich in seiner Meinungsfreiheit nicht eingeschränkt. © imago/Funke Foto Services

Michael Mittermeier stellt klar: "Ich war nie woke und werde nie woke sein"

Auch wenn sich Michael Mittermeier in seinen Ansichten offen und fortschrittlich zeigt, lehne er eine bestimmte Bezeichnung ab: "Ich war nie woke und werde nie woke sein. Wenn man ein solches Emblem bekommt, müsste man ja jede Nummer danach ausrichten. Und ich werde ja für meine Gags auch teilweise von den Linken beschimpft. Mal von den Linken, dann wieder von den Rechten. Letztlich wurde ich erst als Kanalratte, und direkt im Anschluss als Marionette der CDU bezeichnet. Und was ist überhaupt 'woke'? Das Wort wird immer angeführt, aber keiner definiert es jemals wirklich."

Schließlich zieht Michael Mittermeier die Bilanz: "Nur weil ich kein Problem damit habe, dass sich die Welt, die Sprache und die Gesellschaft verändern… wenn es bedeutet, woke zu sein, weil man mit der Zeit geht, dann klebt es mir gerne auf. Aber eigentlich ist es ein Bullshit-Emblem!" Lachend lässt der Komiker daraufhin verlauten: "Bevor ich allerdings am rechten Rand fische, bin ich wohl lieber woke. Dann soll man mich gerne als 'linksversifftes Arschloch' bezeichnen, danke."

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