Kitzbühel zwischen Brettln und Betten

Nach dem Polo-World-Cup und vor dem Hahnenkamm-Rennen am Wochenende: In der Tiroler Winteroase tummeln sich die Reichen und die Schönen.
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Designer-Gattin Naomi Kern beim Polo-Turnier in Kitzbühel.
Klaus Primke 3 Designer-Gattin Naomi Kern beim Polo-Turnier in Kitzbühel.
"Millenium"-Türme-Besitzerin Kathi Stumpf (r.) aus Wien mit Droemer-Muse Ina Lane.
Micky Luis 3 "Millenium"-Türme-Besitzerin Kathi Stumpf (r.) aus Wien mit Droemer-Muse Ina Lane.
Ellen Kessler, Ex-"Lido"-Girl, kommt gern nach Kitzbühel.
Klaus Primke 3 Ellen Kessler, Ex-"Lido"-Girl, kommt gern nach Kitzbühel.

Nach dem Polo-World-Cup und vor dem Hahnenkamm-Rennen am Wochenende: In der Tiroler Winteroase tummeln sich die Reichen und die Schönen.

Die Geste war reizend. Gräfin Barbara Metternich, die mit ihrem Mann in Kitzbühel einen von feiner Society begehrten klassischen Salon und mitten im Ort die Cashmere-Oase "B+M" betreibt, verließ etwas früher den VIP-Bereich beim "Hypo Liechtenstein Polo World Cup". Ihre schönen, aber kritischen Augen erspähten unter den Zaungästen hinter der zahlungsfreien Absperrung einen Weltstar aus goldenen Show- Zeiten: Revue-Zwilling Ellen Kessler, wie alle Damen im wärmenden Pelz - auf der Tribüne befand sich ein Meer von Nerz und Zobel (auch ein paar Antik-Teile) im Wer-hat-den-Schönsten-Wettbewerb.

Spontan überließ die attraktive Gräfin Metternich, im bodenlangen, lässigen Ziegenfell-Mantel und mit Campbell-Sonnenbrille, ihr gelbes Sesam-Öffne-Dich-Bändchen, damit die ehemalige "Lido"-Lady von standesgemäßer Warte aus die tollkühnen Männer auf ihren argentinischen Pferden verfolgen konnte. Der Polo World Cup, in Kitz gesponsert von der Hypo Liechtenstein, die im Besitz zweier staatlicher Geldinstitute, der Vorarlberger Landesbank und der Baden-Württembergischen Landesbank ist, leitete die heiße Phase von Kitzbühels internationaler Snow-Show ein , die am Wochenende mit den "Hahnenkamm"-Tagen ihren Höhepunkt findet. Voller Genugtuung stellten die beiden obersten World-Cup-Gastgeber CEO Dr. Andreas Insam aus Liechtenstein und Dr. Jodok Simma aus Bregenz einen ähnlichen Zulauf und Wirbel wie bei der bevorstehenden "Streif"-Konkurrenz fest. Fast: Die einheimischen VIP's waren noch nicht so eingebunden und der Caterer servierte beim Gala-Abend (Stimmung: Verirrtes Oktoberfest mit Songs der "Damischen Rittersleut') - man durfte rauchen, und auch seine Hunde mitbringen - eigentlich gute Produkte, aber bei dem Jugend-forscht-Service mussten die Gäste, beispielsweise die heißen Teller weiterreichen und die Kartoffelsuppe mit Trüffelöl aus einem Milchkübel de luxe schöpfen.

Unter den Eingeladenen waren ein Dutzend Mini-Oligarchen, deren Begleiterinnen den "Gucci"-Jahresumsatz mit High Heels und kniehohen Stiefeln mit schneefeindlichen Stöcklabsätzen sicherten, Graf Mox Stauffenberg mit Freundin, Gräfin Tina und Hund Neva, "Belinda"-Chef Klaus Vatter ( traf seine rassige Ex Alma), der türkische Serien-Star Mike Galeli mit Frau Renate und Söhnchen Noah, Designer Otto Kern mit Frau, Körperschneider Prof. Dr. Werner Mang (musterte kritisch die anwesenden Körperwelten und ließ so manchen Kommentar los über die mit innovativer Hausmedizin Botox behandelten Gesichter), die sexy Sisters Kathi und Gaby Stumpf, Besitzerinnen von Wiens höchsten Gebäuden, den "Millienium-Türmen, Konstrukteurs-Witwe Anneliese Abarth und Ina Lane, die einst der große Verleger Droemer vergoldete und lange Zeit Lebensgefährtin von Anwalt Dr. Axel Meyer-Wölden war, Lampen-Industrieller Zumtobel mit Frau und Verlags-Eminenz Elmar Schwinges mit zwei Begleiterinnen, Nikola Benisch-Gastmeier und Davia Lindner. Wie man sah, war das Polo ein passabler, neuer Kitz- Termin für einen Society-Reporter. Die waagrechte Piste liegt mir ohnehin besser. Ich sitze lieber im "Stamperl", bestelle das Hausgetränk und warte bis die Bogners, Hartungs, Lindmeyers, Hammeles, und Schecks vorbei kommen, die den Hahnenkamm rund zwanzig Mal gemeistert haben. Das Wort Apres -Ski reizt mich am meisten an dieser Sportart, die größtenteils nur dazu dient, über die Brettln in die Betten zu kommen. Als beruflicher Späher ist dort die gesellschaftliche Spielfläche so bequem wie keine. Was Sylt im Sommer für die Hamburger, ist Kitz für die Münchner im Winter. Früher, als Franz Beckenbauer und sein Manager Robert Schwan nur eine Wohnung hatten, war es zugegeben gemütlicher. Es gab noch keine Lichtgirlanden-Orgien, Kitzbühel leuchtete von innen. Doch bei aller gesellschaftlichen Umwandlung hat sich die Münchner Ski-Vorstadt ihren Lebkuchen-Charme erhalten. Nicht so stinkfein wie St. Moritz und nicht so versaut wie Ischgl, hat Kitz einen ganz anderen Kick.

Hightech und Haute Cuisine

Die Kolonien mit Bewohnern von Desperate Housewives wuchsen schnell und die Ladies warteten im kalten Weiß, wenn es wirklich mal geschneit hatte, auf ihre angetrauten Top-Manager, Warenhausbesitzer und Banker, die während der Woche an ihre Schreibtische oder zu sonst was zurückkehren. Solche Fünf-Tage-Trennungen können ungesund sein. Die Tiroler Winteroase Kitzbühel gibt sich vermehrt städtisch, was das Nightlife beflügelt. Society-Weltniveau beflügelt den Ort, wohin sich früher mal auch Herzchirurg Christian Barnard oder Ex-Kaiserin Soraya verlaufen hatte, seit ein Ingolstädter Autokonzern still und stetig Hand anlegte. Nach siebenjähriger Orts-Massage erhob er die Hahnenkamm-Woche zu einem Welt-Event. Anfangs staunten Toni Sailer und Franz Klammer über die Veränderung in ihrem Reich. Der einstige Herd-Hamlet Hasi Unterberger sah sich bedroht, Hightech und Haute Cuisine von auswärts bildeten die Rahmenhandlung für die perfekten Feste, bei denen sich die Gästeliste von Jahr zu Jahr immer internationaler las. Die Society-Unart, die Eingeladenen mit Bändchen als Wiedererkennungs-Merkmal wie bei der Taubenzählung abzustempeln, nahm ihren Einzug.

Franz Beckenbauer war plötzlich nicht mehr die alleinige (Blitz-) Lichtgestalt. Der Ballguru dosiert geschickt seine Auftritte. Seine frühere Wohnung hat er längst verlassen wie auch ein paar gebrochene Herzen und zog in eine Gegend, wo an allen Ecken und Enden der Kaiser präsent ist: der Wilde Kaiser, die Kaiserwiese, der Kaiserweg. Der Kaiser himself, Franz Beckenbauer, nennt dort einen zum Sterben schönen Bauernhof sein Eigen. Lediglich beim Ausblick muss er einen Schönheitsfehler verkraften. In greifbarer Nähe qualmen zwei Fabrikschlote. Aber die sieht er schon nicht mehr. Franz zieht sich gern in dieses Schmuckkästchen zurück, um über das Leben nachzudenken. Er muss auch nicht mehr über die vielen Spielsachen seiner Kinder Joel Maximilian und Francesca steigen, weil er sich in Salzburg eine Zweitvilla gebaut hat, wo seine Familie lebt. Der Globalplayer bewegt sich inzwischen mit dem Hubschrauber so wie andere mit dem Taxi. Manches Mitglied der Spaßgesellschaft ist in den "Kitz-Race"-Nächten , die jetzt wieder bevorstehen, mit vollem Körpereinsatz zu Gange. So nächtigte die gertenschlanke Modegiraffe Nadja Auermann in der "Tenne", ohne richtig zu übernachten. So lange dauerte ihr Tanzpisten-Einsatz. Stundenlang und zeitweise mit geschlossenen Augen bewegte sie sich weltentrückt. Sie hätte leicht bei Fruchtbarkeitstänzen von Aborigines mitmachen können. Formel 1-Pilot David Coulthard vollführte, erstaunlich unbeachtet, ebenfalls Liebestänze mit der belgischen Fernseh-Reporterin Karin Minier. George Harrisons Sohn Dhani durfte eine Charme-Kostprobe von Thomas Gottschalk mit nach Hause nehmen. Der "Wetten dass"-Gastgeber ließ ihn über das Mikrophon wissen: "Deine Musik ist gut, Dein Hemd scheußlich."

Schöner wohnen mit Thomas Haffa

An der Bar im Hotel "Weisses Rössl" treffe ich einmal Grand Prix-Guru Bernie Ecclestone und wir lästern über das grüne Kitz zu Weihnachten. In diesem Jahr hat der kleine große Mann seinen Trip nach Kitzbühel in Frage gestellt, weil ihn andere Sorgen plagen. Dem schlauen, milliardenschweren Fuchs ist seine Frau Slavica abhanden gekommen, die ihn um zwei Köpfe überragt. Ein Rosenkrieg dürfte sich insofern schmerzhaft gestalten, nachdem vor vielen Jahren fast das ganze Vermögen seiner leidenschaftlichen Ehefrau überschrieben hatte. Sie sollte sich mal einen neuen Hut kaufen können, kommentierte er damals die Milliarden-Transaktion. Zufall oder nicht? Der ehemalige Aktien-Artist Thomas Haffa und Ex-Geschäftspartner von Ecclestone lief am Hotel vorbei. Er ist inzwischen glanzvoller Kitzbühel-Anwohner und hat seine Philosophie in Sachen schöner wohnen kontrastreich gesteigert. Neben seinem 20 Millionen-Bauernhaus errichtete er ein äußerst elegantes Hightech-Gebäude, in dem alles Zeitvertreibende zu finden ist, was im Spielzimmer für Erwachsene vorhanden sein sollte - vom Kino bis zur Popcorn-Maschine. Um autark gegen Kälte und Schnee von Haus zu Haus zu pendeln, ließ er die beiden Wohneinheiten mit einem Tunnel verbinden. Es dürfte der einzige unterirdische Gang auf privatem Kitzbüheler Playground sein. Für eine zweistellige Millionensumme trennte sich Haffa von seiner Villa im Münchner Herzogpark und legte sich im Boardingtrakt des Hotels "The Charles" ein traumhaftes Penthouse zu.

Als eines der gesellschaftlichen Epizentren gilt Rosi's Nobelscheune auf der "Bichlalm", die sogar mal Prinz Ernst August und seine Frau Prinzessin Caroline für eine Party mieteten. Auf den Tischen lagen - eine witzige Idee - Wegwerf-Fotoapparate bereit und jeder konnte jeden fotografieren. Ich habe mir gleich drei durchfotografierte Kameras gesichert. Auf der "Bichlalm" lebt auch Hansi Hinterseer, früher als Skiheld verehrt und heute als alpenländischer Musik-Messias vergöttert. Der blonde Engel der unumstrittene Liebling der weiblichen Volkslied-Anhänger. Sie folgen ihm auf Bergwanderungen in Scharen wie dem Rattenfänger von Hameln. Man zählte bei so einem Ausflug schon 8000 Anhänger des Beinahe-Christus von Kitz. Er lebt mit seiner Familie, Ehefrau Romana, bei der er aufs Wort hört und seine schönen Töchtern in einem 400 Quadratmeter-Holzhaus, das mit automatischen Rolläden ausgestattet ist. Innen und außen ist alles geschnitzt, was es zu schnitzen gibt.

Der Kaviar von Frau Bürgermeister

Neben dem roten Teppich, der Münchner Pendelbürgern ausgerollt wird, gliedert sich vermehrt ein Ausläufer von Moskaus Rotem Platz ins Geschehen ein - in Person von Frau Bürgermeister. Die First Lady von Moskau, Jelena Baturina ,versteht den 8000-Seelen-Ort bereits als ihre zweite Heimat. Obwohl die Ehefrau von Bürgermeister Juri Luschkow von denTiroler Behörden nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst wird, ist sie bei Einheimischen und Gästen geschätzt. Genau wie damals die Bardot in St. Tropez. Sie setzt natürlich andere Mittel ein, um den Kitzbühel-Kitzel zu toppen. Stevie Wonder hieß ihr erster Star-Gast und gerade hatte sie ein paar handverlesene Freunde wie Industrie-First-Lady Maria-Elisabeth Schaeffler, Wein-Guru Hardy Rodenstock und Feinkost-Doyen Gerd Käfer mit Lebensgefährtin Uschi Ackermann zur russischen Weihnacht eingeladen. Die Moskauer Baulöwin konnte trotz aller Schnell-Beliebtheit bisher ihre Mietvilla in Kochau nicht kaufen, machte aber bereits 40 Millionen Euro locker für ihr Immobilien-Projekt beim Golfplatz Eichenheim in Aurach. Dort sah ich noch vor kurzem Boris Becker in einem Mercedes mit ostdeutschem Kennzeichen vorfahren. Dabei war seine inzwischen verflossene Freundin Sandy Meyer-Wölden , die völlig ungeschminkt das Grün betrat und fast hätte man sie fast nicht erkannt. Diese Art von Tarnung erspart die Sonnenbrille.

Seit Jelena und ihr Ehemann, denen sehr viel Putin-Protein nachgesagt wird, in der Tiroler Wintersport-Oase den Rubel in Form von Dollars rollen lassen, setzen sie Zeichen mit turbulenten Festen. Deutlich spürt man das neue Geld. Großen Eindruck schindete die Kitzbühler Zarin mit einer Party, wo eine private Spielbank als abendliche Attraktion lockte. Jeder ihrer Gäste erhielt zum Einstand Chips im Wert von 1000 Euro und wer gewann, dem wurde das Geld auch ausbezahlt. Daß die Einheimischen mit den spendierfreudigen Russen noch nicht ein Herz und eine Seele sind, hängt hauptsächlich mit der Sprachbarriere zusammen. Vieler Worte bedarf es aber nicht, wenn Jelina das Feudal-Fast-Food Kaviar auffahren läßt. Dabei fällt auf, daß die nach weißem Trüffel zweitteuerste Delikatesse bei Baturinas Landsleuten als Selbstverständlichkeit hingenommen wird, wie die Weißwurst in München. Sie greifen eher gelangweilt zu. Die deutschsprachigen Gäste dagegen schaufeln die "Brombeermarmelade" so rein als wäre es das Last Supper. Jelinas vornehmes 5-Sterne-Hotel "Grand Tirolia" mit weltstädtischen Spa-Bereich wird übrigens noch in diesem Jahr fertig. Die Behörden waren schuld, dass die neue Jetset-Bleibe noch nicht geöffnet hat.

Michael Graeter

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