Kate und William: Selbst Republikaner feiern

In London herrscht eine Stimmung zwischen Papst-Besuch, WM-Finale und Millenniums-Silvester.
Sylvia Petersen |
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Terry Hutt und Jennifer Hawkins fürchten nicht Kälte beim Warten auf die Royals, „Aber der Weg zum Klo ist so weit“. Sie campieren nahe Westminster Abbey und erwarten „noch zwei harte Nächte.“
dpa Terry Hutt und Jennifer Hawkins fürchten nicht Kälte beim Warten auf die Royals, „Aber der Weg zum Klo ist so weit“. Sie campieren nahe Westminster Abbey und erwarten „noch zwei harte Nächte.“

London - Das Schlimmste ist nicht die Kälte”, sagt Terry Hutt aus Cambridge. „Ich muss nur nachts oft raus und die Toiletten sind so weit weg.” Der 76-Jährige – von Kopf bis Fuß mit dem Union Jack dekoriert – hat seine erste Nacht auf dem hartem Asphalt vor der Westminster Abbey verbracht.

„Diese Hochzeit ist etwas ganz Besonderes. Schade, dass Prinzessin Diana das nicht mehr miterleben kann.” Eine gute Freundin begleitet Terry. Zusammen teilen sie sich ein winziges Zelt. Ein paar Schritte weiter hat Anne Datey aus Wales ihr provisorisches Schlafgemach aufgestellt. In ihrem Schoß liegt Hündchen „Porgy”, dekoriert mit Schleier und Tiara. Beide sind erschöpft. „Mit so viel Andrang habe ich dann doch nicht gerechnet. Das werden noch zwei harte Nächte.”

Rund 20 hartgesottene Camper haben direkt vor der Hochzeitskirche Zelte, Wolldecken, Klappstühle und Gaskocher ausgebreitet – liebevoll dekoriert mit Kate-und-William-Fahnen, Ballons und T-Shirts mit der Aufschrift „Danke für den freien Tag”. Donna Werner ist extra aus Connecticut angereist. „Ich liebe alles Britische, vor allem die königliche Familie”, schwärmt die US-Amerikanerin, die seit Dienstag ihr Hotelbett gegen einen Schlafsack eingetauscht hat. „Kate wird William eine gute Ehefrau sein.” Donnas eigener Ehemann ist lieber daheim in den USA geblieben.

Wenige Meter ums Eck, vor dem House of Parliament, hat sich eine ganz anders gesinnte Truppe versammelt. Ein Dutzend vermummter Muslime hält Transparente hoch mit „Queen Elizabeth: Gesucht wegen Kriegsverbrechen” und „Prinz William ist ein moderner Nazi”. Polizisten nehmen die Protestler ins Visier, fotografieren sie nach und nach ab. Die Stimmung der Handvoll Zuhörer heizt sich auf, als die Demonstranten offen davor warnen, am Tag der Hochzeit in Londons Zentrum zu sein. Ein junger Mann entreißt ihnen das Plakat, zerknüllt es. „Lang lebe die Königin”-Rufe werden laut – und die Ansammlung löst sich schließlich auf.

Ruhig-gelassen und dann doch wieder erwartungsvoll-aufgeregt, das beschreibt die Stimmung am besten. Je mehr man sich dem Schauplatz nähert, der Abbey als auch dem Buckingham Palast, desto kribbeliger wird es einem im Bauch. Es ist wie Fußball-WM-Finale, Papst-Besuch und Millenniums-Silvester in einem. Die TV-Übertragungswagen, die Tribünen, die Leinwände auf dem Trafalgar Square lassen erahnen, was einen am Freitag erwartet. Das Kriegs-Memorial in Whitehall wird nochmal abgespritzt. Pubs kündigen statt Fußball Übertragungen der Hochzeit an.
Im „Salisbury’s”-Pub wenige Meter vom Trafalgar Square ist es verhältnismäßig ruhig. „Die Londoner sind alle ausgerissen”, scherzt Joanne hinterm Tresen. „Aber”, so prophezeit sie, „ab Donnerstag wird die Stadt zum Bersten voll sein”. Sie überlegt noch immer, welchen speziellen Hochzeits-Cocktail sie neben dem traditionellen Pimm’s anbieten wird - und auf welcher Straßenparty sie nach der Trauung abfeiert. In Covent Garden soll etwas stattfinden.

Selbst die Republikaner mischen mit und laden im Bankenviertel zu einer „Garantiert keine königliche Hochzeit”-Feier. Eine Party wird es trotzdem. Am Nebentisch studiert eine Vierer-Gruppe Franzosen den aktuellen Time-Out-Führer. Sie analysieren die königliche Route am Freitag. Ein Fünkchen Panik ist zu hören: Wo stellen wir uns Freitagmorgen hin? Und vor allem: Wann stehen wir auf? Sieben Uhr – oder doch lieber um sechs? Viele sind heute die kilometerlange Mall auf und ab spaziert, um die Lage zu inspizieren und den besten Spot zu finden. Nebenbei haben sie sich in der Supermarktkette „Tesco” mit Prinz-William-Champagner eingedeckt. Ein findiger Brite hat sich den Namen vor Jahrzehnten in weiser Voraussicht patentieren lassen.

Natürlich gibt es auch gegen die Souvenir-Welle kein Entrinnen: Geschirrhandtücher von Kate und William im Pop-Art-Design aus dem Britischen Museum, Teetassen oder gleich das komplette Service aus dem Buckingham-Palast-Shop, die royale Familie zum Nachstricken und sogar Kotztüten – die einem am Freitag vielleicht gar keinen schlechten Dienst erweisen, wenn einem vor Rührung und Aufregung die Luft wegbleibt.

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