Verwandtenaffäre: 1,3 Millionen aus Steuergeldern
MÜNCHEN - Was Ministerpräsident Horst Seehofer unter Verschluss halten wollte, ist jetzt raus: Die in die Verwandtenaffäre verwickelten fünf bayerischen Minister und Staatssekretäre haben ihren Ehefrauen und anderen nahen Verwandten mehr als 1,3 Millionen Euro gezahlt – aus Steuergeldern! Das geht aus der Antwort der Staatskanzlei an die Fragen der SPD zur Verwandtenaffäre hervor. Spitzenreiter war Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU): Er hat seiner Frau von 1997 bis Anfang 2013 über 600000 Euro brutto gezahlt.
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Die SPD hat die Antworten der Staatskanzlei gestern veröffentlicht. Und sie sind äußerst erhellend. Neben Spaenle steht auch Agrarminister Helmut Brunner auf der Liste. Er hat seit 1999 knapp 290000 Euro an Frau, Tochter und Nichte gezahlt. Innenstaatssekretär Gerhard Eck kommt auf über 200000 Euro, Finanzstaatssekretär Franz Pschierer auf gut 136000 Euro und Kultusstaatssekretär Bernd Sibler auf über 90000 Euro.
Verboten war die Beschäftigung von Ehefrauen, Schwestern und Nichten allerdings nicht – die Beschäftigung von Familienmitgliedern war noch bis 2013 erlaubt. Aber die Staatsregierung hatte die Summen trotzdem geheimhalten wollen – und Antworten auf die Fragen so lange verweigert, bis der Bayerische Verfassungsgerichtshof ein Machtwort sprach. Und auf eine Klage der SPD hin die Offenlegung der Daten anordnete.
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Die Richter urteilten: Kabinettsmitglieder müssten nicht nur gesetzestreu sein – ihnen obliege eine gesteigerte Sorgfaltspflicht im Umgang mit öffentlichen Mitteln, die noch über die eines einfachen Abgeordneten hinausgehe.
Dabei hatte Ministerpräsident Horst Seehofer gehofft, die Verwandtenaffäre sei für ihn bereits ausgestanden. Im vergangenen Jahr hatte er angeordnet, dass die beteiligten CSU-Politiker für die Zeit ihrer Zugehörigkeit zum Kabinett – also seit Herbst 2008 – die Gelder zurückzahlen sollten.
Was in der CSU beileibe nicht überall auf Gegenliebe stieß. Schließlich hätten die beteiligten Minister und Staatssekretäre ja kein Gesetz gebrochen.
Und auch darüber, was unter Rückzahlung zu verstehen ist, gab es offenkundig Unstimmigkeiten: Laut SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher hätten die Bruttogehälter zurückgezahlt werden sollen – mitsamt der Sozialbeiträge.
Die Minister und Staatssekretäre überwiesen aber die Nettogehälter zurück. Spaenle zahlte 37340 Euro an die Staatskasse zurück – einschließlich einer Nachzahlung von gut 2400 Euro für den November 2008, die der Schulminister bei der Berechung der Gesamtsumme übersehen hatte. Das Bruttogehalt von Spaenles Frau war mit über 50000 Euro aber naturgemäß höher. „Ich ärgere mich selbst am meisten darüber“, sagte Spaenle der „SZ“.