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Ukraine-Krieg: Kiew fordert sofortige Verhandlungen zu Evakuierung von Azovstal

Für die Ukraine ist Russlands Gas-Lieferstopp ein Beweis für eine kriminelle Wirtschaftspolitik. Unterdessen protestiert Moskau gegen eine US-Waffenlieferung an Kiew. Die Entwicklungen im Überblick.
AZ/dpa |
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Ukrainische Soldaten installieren ein Maschinengewehr auf einem Panzer.
Ukrainische Soldaten installieren ein Maschinengewehr auf einem Panzer. © Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Kiew/Moskau - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bereit erklärt, sofort über die Evakuierung der im Stahlwerk von Mariupol eingeschlossenen Menschen zu verhandeln und die Verhandlungsergebnisse ebenso schnell umzusetzen.

"Wir erwarten von der Russischen Föderation eine humane Haltung gegenüber diesen Menschen", sagte er nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres am Donnerstag. Im Stahlwerk Azovstal sind nach ukrainischen Angaben neben Soldaten und Kämpfern des nationalistischen Asow-Regiments auch bis zu 1000 Zivilisten eingesperrt.

Ukraine-Präsident wirft Russland Erpressung vor

Wegen der gestoppten Gasversorgung von Polen und Bulgarien hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland indes "Erpressung" vorgeworfen.

Das Einstellen der Lieferungen zeige, "dass niemand in Europa auf eine normale wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland hoffen" könne, sagte er. Unterdessen beklagte die Ukraine erneut Tote und Verletzte nach russischen Angriffen. Die Lage im prorussischen Separatistengebiet Transnistrien beobachtet die ukrainische Regierung nach Berichten über Explosionen aufmerksam.

Kiew hat "Brückenkopf" Transnistrien im Blick

"Wir haben Transnistrien immer als Brückenkopf betrachtet, von dem gewisse Risiken für uns ausgehen können", sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak nach Angaben der Agentur Unian am Mittwochabend. Die ukrainische Führung sei sich der von Transnistrien ausgehenden Gefahren bewusst, weshalb in den ukrainischen Regionen Odessa und Winnyzja "unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung alles gut durchdacht" sei. Die jüngsten Explosionen bezeichnete er als Versuch der Provokation. "Es ist alles so, wie es die Russische Föderation immer macht." Rückhalt der Separatisten in der von Moldau abtrünnigen Region ist ein Kontingent dort stationierter russischer Soldaten.

Selenskyj: Russland betrachtet jeglichen Handel als Waffe

Präsident Selenskyj kritisierte unterdessen den russischen Lieferstopp für Gas an Polen und Bulgarien scharf. "In dieser Woche hat die russische Führung eine neue Serie von Energieerpressungen gegenüber den Europäern begonnen", sagte er in einer Videobotschaft. "Russland betrachtet nicht nur Gas, sondern auch jeden anderen Handel als Waffe." Dafür warte Moskau nur auf einen günstigen Moment.

"Entweder um die Europäer damit politisch zu erpressen. Oder um die russische Kriegsmaschinerie zu stärken, die ein geeintes Europa als Ziel ansieht", meinte Selenskyj. Je früher Europa erkenne, dass es im Handel nicht von Russland abhängig sein könne, desto eher werde die Stabilität der europäischen Märkte gewährleistet sein.

Ukrainische Exporte in die EU sollen von Zöllen befreit werden

Selenskyj lobte einen Vorschlag der EU-Kommission, Exporte aus der Ukraine in die EU befristet von Einfuhrzöllen zu befreien. "Russland versucht, eine weltweite Preiskrise zu provozieren. Damit das Chaos auf allen Basismärkten und insbesondere auf dem Lebensmittelmarkt beginnen kann", sagte er. Die ukrainischen Exporte könnten aber zur Stabilisierung der Märkte beitragen. "Es kommt also nicht nur uns, sondern allen Europäern zugute. Den Einwohnern aller Länder, die von Russlands zerstörerischen Ambitionen betroffen sein könnten."

Der für Handel zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis sagte, die EU habe noch nie zuvor derartige Maßnahmen zur Handelsliberalisierung ergriffen. Auch Anti-Dumping-Maßnahmen gegen ukrainische Stahlexporte sollen für ein Jahr ausgesetzt werden. Das EU-Parlament und die EU-Länder müssen zustimmen, Änderungen am Vorschlag sind möglich.

Russland kritisiert USA für Weitergabe von Hubschraubern

Russland protestierte unterdessen gegen die Weitergabe von Hubschraubern aus russischer Produktion an die Ukraine durch die USA. Der Vertrag von 2011 lege fest, dass die Hubschrauber für Afghanistan vorgesehen seien und nur mit russischer Zustimmung an andere Länder weitergegeben werden dürften, teilte die für militärtechnische Zusammenarbeit zuständige Behörde FSWTS mit. Eine Belieferung der Ukraine sei rechtswidrig und eine grobe Vertragsverletzung.

Vor Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar hatten die USA der Ukraine fünf der ursprünglich für Afghanistan bestimmten Hubschrauber vom Typ Mi-17 überlassen. Mitte April kündigte Washington an, Kiew elf weitere Hubschrauber zu schicken. Die USA hatten die Maschinen russischer Bauart zunächst für die afghanischen Streitkräfte angeschafft, es kam jedoch wegen der Machtübernahme durch die Taliban nicht zu einer Übergabe.

Tote und Verletzte durch weiteren Beschuss

Ukrainischen Angaben zufolge wurden durch neuen Beschuss in der Region Charkiw mindestens drei Menschen getötet und sechs verletzt, darunter ein 14 Jahre altes Kind. Die örtliche Verwaltung machte Russland für die zivilen Opfer verantwortlich. Aus der Stadt Cherson, deren Einnahme Russland gemeldet hatte, wurden mehrere Explosionen berichtet. Die Detonationen hätten sich unweit des Fernsehzentrums ereignet, teilten ukrainische Medien mit. Danach sei ein Feuer ausgebrochen. In der Nähe von Odessa schoss die Luftabwehr eine russische Spionagedrohne ab, wie die ukrainische Armee mitteilte. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden.

Klitschko lässt ukrainisch-russisches Monument entfernen

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew ließ Bürgermeister Vitali Klitschko wegen des russischen Angriffskrieges ein Denkmal für die Freundschaft beider Völker entfernen. Das riesige Monument zweier Arbeiter – eines Ukrainers und eines Russen – wurde abgerissen. Zuerst sei der Kopf des russischen Arbeiters gefallen, sagte Klitschko. Das Bild war am Mittwoch in vielen Medien zu sehen. Insgesamt sei die Demontage nicht einfach gewesen, aber letztlich geglückt. Das habe Symbolkraft. "Wir müssen den Feind und den russischen Besatzer aus unserem Land vertreiben", sagte Klitschko.

Das wird heute wichtig

Die Unterstützung der Ukraine spielt am Donnerstag erneut eine zentrale Rolle im Bundestag. Die Ampel-Koalition und die Union als größte Oppositionsfraktion wollen einen gemeinsamen Antrag zur Lieferung schwerer Waffen beschließen. UN-Generalsekretär António Guterres setzt unterdessen seine Vermittlungsreise fort und will Präsident Selenskyj in Kiew treffen. Eines der Hauptthemen dürfte wie beim vorherigen Besuch in Moskau die Lage in der Stadt Mariupol sein, wo Truppen und Zivilisten von der russischen Armee eingekesselt sind.

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2 Kommentare
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  • Der Münchner am 28.04.2022 23:44 Uhr / Bewertung:

    Ganz ehrlich, dieses ewige Fordern des Herrn Selenskyj gegen über dem Westen und vor allem auch Deutschland, wird langsam unverschämt!
    Etwas mehr Demut und ab und zu mal ein Bitte oder Danke wär schon nicht schlecht!
    In meiner Kinderstube wurde mir beigebracht, bei einem Bedürfnis oder einem Wunsch gegenüber eines Anderen das Wort BITTE in mein Vokabular ein fliesen zu lassen.
    Abgesehen davon hilft die EU und auch Deutschland im Rahmen Seiner politischen Möglichkeiten sehr viel.

  • Der wahre tscharlie am 29.04.2022 16:10 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der Münchner

    Ach ja, die Sehnsucht nach der Demut. Und dann vielleicht noch ein Kniefall vor Deutschland und bitte bitte, gib uns bitte Waffen.
    Es ist Krieg, Tausende Menschen wurden schon getötet und da erwartest du ei höfliches Bitte?
    Und Danke wurde schon des öfteren von Selenskji geäußert. Aber das schrieb ich dir schon mal in früheren Kommentaren.

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