Tusk sagt Sondergipfel der EU-Staaten am Sonntag ab
Brüssel – Trotz dramatisch steigenden Zeitdrucks gibt es in der griechischen Schuldenkrise keine Aussicht auf eine rasche Lösung. "Es ist nicht möglich, heute eine Einigung zu finden", sagte der slowakische Finanzminister Peter Kazimir am Sonntag vor Beginn der Gespräche der Euro-Finanzminister. Sie hatten ihre Beratungen am Vorabend nach neun Stunden abgebrochen.
EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte kurzfristig den für den Abend angesetzten Sondergipfel aller 28 EU-Staaten zur Griechenlandhilfe ab. Der Gipfel sollte ein politisches Signal geben, ob es ein drittes Rettungspaket für Griechenland geben kann.
Am Nachmittag sollte es nur das ohnehin geplante Krisentreffen der 19 Staats- und Regierungschefs der Euroländer geben, teilte Tusk auf Twitter mit. Nach Angaben eines EU-Diplomaten ist die Absage des EU-Sondergipfels auf die zähen Griechenland-Verhandlungen in der Eurogruppe zurückzuführen.
"Wir brauchen so viel Zeit wie möglich, um die Gespräche in der Eurozone abzuschließen", erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Brüssel. "Es ist immer noch sehr schwierig", sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem.
Die Beratungen stehen unter enormem Zeitdruck. Das akut pleitebedrohte Land muss im laufenden Monat 4,2 Milliarden Euro an Gläubiger zurückzahlen, die es nicht hat. Griechenland brauche in den nächsten drei Jahren etwa 82 Milliarden Euro, hieß es aus Brüsseler Kreisen.
Das Land erhielt bereits in den vergangenen fünf Jahren 240 Milliarden Euro an internationalen Hilfen. Das nach monatelanger Hängepartie vorgelegte aktuelle Sparpaket umfasst auch eine Mehrwertsteuerreform. Bis 2022 soll das Rentenalter auf 67 Jahre steigen.
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In der Eurozone entbrannte eine Debatte um die Glaubwürdigkeit Athens. Vielen Staaten fehlt laut Dijsselbloem das Vertrauen, dass die Regierung des griechischen Premiers Alexis Tsipras die versprochenen Reformen wirklich umsetzen wird. Man frage sich, "ob der griechischen Regierung vertraut werden (kann), dass sie das tun, was sie versprechen", sagte er.
Für erhebliche Kontroversen sorgte ein von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Option eingebrachter Vorschlag einer mindestens fünfjährigen Auszeit Griechenlands aus der Eurozone. Darüber hatte zuerst die "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" berichtet. Entweder bessere Athen seine bislang unzureichenden Pläne rasch nach, oder das Land solle die Eurozone verlassen.
Der griechische Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis wies den Vorschlag scharf zurück. Dies sei nur ein politisches Manöver, das dazu diene, eine Einigung in der Euro-Gruppe zu torpedieren, sagte der Minister dem TV-Sender Mega. Die Athener Regierung wirft namentlich nicht genannten EU-Ländern vor, es auf ein Scheitern der Verhandlungen über die Athener Spar- und Reformpläne abgesehen zu haben.
Schäubles Auszeit-Pläne sind nach dpa-Informationen mit Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel abgestimmt. "Die SPD verfolgt nach wie vor das Ziel, Griechenland in der Eurozone zu halten, wenn die dafür notwendigen Bedingungen geschaffen werden können. Das ist auch das gemeinsame Ziel der Bundesregierung", sagte Gabriel am späten Samstagabend der Deutschen Presse-Agentur.
Gabriel betonte, die SPD lege besonderen Wert auf ein gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen mit Frankreich. Der Chef der regierenden französischen Parti socialiste, Jean-Christophe Cambadélis, forderte in einer am Sonntag in Paris veröffentlichten Erklärung, Gabriel solle sich bei Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für Athen stark machen.
In den Reihen der SPD stieß der Schäuble-Vorschlag auf heftige Kritik. SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer forderte ein Ende der Debatte über ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Das Gerede um einen Grexit müsse sofort aufhören, verlangte er in der "Welt am Sonntag". "Wer sich monatelang am Grexit besoffenredet, wird bei der Euro-Rettung einen Brummschädel haben."
Auch im Falle einer Einigung in der Eurogruppe auf ein neues Hilfsprogramm sollen in Griechenland bis auf weiteres Einschränkungen im Kapitalverkehr in Kraft bleiben. Die Banken sind seit mehr als einer Woche geschlossen. Die Griechen können derzeit an den Geldautomaten nur höchstens 60 Euro am Tag abheben.
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