Steueraffäre: Ärger für Hoeneß-Helfer

Den Steuerfahnder, der Hoeneß bei der Selbstanzeige half, erwartet ein Disziplinarverfahren. Die Chronik der Affäre, eine Geschichte des Tarnens und Täuschens.
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Wiedersehen in Wembley: Kanzlerin Angela Merkel begrüßt Uli Hoeneß. Am 15. Januar trafen sie sich zum Mittagessen. Danach soll sich Hoeneß zur Selbstanzeige entschlosen haben.
imago Wiedersehen in Wembley: Kanzlerin Angela Merkel begrüßt Uli Hoeneß. Am 15. Januar trafen sie sich zum Mittagessen. Danach soll sich Hoeneß zur Selbstanzeige entschlosen haben.

München - Die Steueraffäre um Uli Hoeneß wird zu einer Geschichte des Tarnens und Täuschens. Sogar ein bayerischer Steuerfahnder ist involviert. Für den ehemaligen Sachgebietsleiter, der sich in Altersteilzeit befindet, hat seine Hilfe für Hoeneß nun Konsequenzen. Das bayerische Landesamt für Steuern bestätigte der AZ: „Gegen den Steuerfahnder läuft ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts der unerlaubten Hilfeleistung in Steuersachen.“

Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens gegen Hoeneß ist, ob seine Selbstanzeige straffrei bleibt. Das ist nicht der Fall, wenn nach Paragraf 371 der Abgabenordnung die Tat ganz oder bereits zum Teil entdeckt ist, oder der Täter damit rechnen musste, dass seine Steuerhinterziehung auffliegt. Dazu darf die Selbstanzeige nicht „unrichtig oder unvollständig“ sein. Die AZ dokumentiert den Fall:

Am 8. April fragt die „Tegernseer Stimme“ bei der Münchner Staatsanwaltschaft an. In Bad Wiessee kursiert das Gerücht, dass ein Steuerstrafverfahren gegen Hoeneß läuft. Die Durchsuchung seines Hauses am 20. März hatte sich herumgesprochen. Die Staatsanwaltschaft schweigt.

Am 17. April konfrontiert ihn die AZ mit den Vorwürfen

Am 17. April ruft die AZ den Bayern-Präsidenten an und konfrontiert ihn mit dem Steuerstrafverfahren und der Hausdurchsuchung. Hoeneß bestreitet alles. Am Abend sitzt er mit seinem Freund Hans-Ulrich Jörges, der Mitglied der „Stern“-Chefredaktion ist, auf dem Podium einer Diskussion im Münchner Rathaus: „Was tun gegen Nazigewalt?“

Am 20. April kommt der „Focus“ mit einer Vorabmeldung. Hoeneß bestätigt dem Magazin: „Ich habe im Januar 2013 über meinen Steuerberater beim Finanzamt eine Selbstanzeige eingereicht.“ „Focus“-Herausgeber ist Bayern-Intimus Helmut Markwort.

Aus einer sachkundigen Quelle erfährt die AZ, dass es sich um ein „unvorstellbares Vermögen“ von „mehreren hundert Millionen Euro“ auf einem Schweizer Konto handle. Hoeneß dementiert: „Ihre Quelle liegt falsch.“

Am 22. April berichtet die AZ, dass Hoeneß den Steuerbehörden gleich die Zahlung von zehn Millionen Euro angeboten habe. Das Steuerstrafverfahren stehe im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung des „Stern“. Der hatte am 16. Januar um 11.40 Uhr online berichtet: „Geheimes Fußballkonto in der Schweiz: Spitzenvertreter der Bundesliga bunkerte halbe Milliarde Euro.“ Es handle sich um das Nummernkonto „40...A“ bei der Schweizer Privatbank Vontobel. Der Name des Konto-Inhabers war nicht bekannt.

Die „SZ“ dagegen schreibt von einem „merkwürdigen Zufall“: „Der Fall aus dem ,Stern’ und die echten Abläufe im Fall Hoeneß scheinen gar nichts miteinander zu tun haben.“

Am 24. April veröffentlicht der „Stern“ unter dem Titel „Anruf von Hoeneß“ das Konto: „Sagenhaft viel Geld auf dem Nummernkonto 4028BEA.“ Hoeneß hatte sich bei dem Magazin gemeldet, wollte von dem ominösen Konto aber nichts wissen. Die Summen seien „absurd“, sagt der Bayern-Boss. Er habe auf seinem Konto in der Spitze 15 bis 20 Millionen gehabt. Hoeneß nennt auch ein Datum: den 12. Januar 2013, einen Samstag. Da habe er die Selbstanzeige eingereicht. Also Tage vor der „Stern“-Veröffentlichung.

Am 27. April berichtet „Spiegel-Online“, dass Hoeneß die Selbstanzeige seines Kontos 4028BEA innerhalb weniger Tage erstellen hat lassen, nachdem ihn ein Bankmitarbeiter vor der Recherche des „Stern“ gewarnt hatte. Nach der Hausdurchsuchung habe Hoeneß eine „nachgebesserte Version“ vorgelegt.

Das ominöse Konto 4028BEA gehört Hoeneß

Am 2. Mai druckt die „Zeit“ ein langes Interview mit Hoeneß. Plötzlich ist das geheime Konto 4028BEA bei der Privatbank Vontobel nun doch das Konto von Uli Hoeneß. Er spricht von „Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem“. Zahlen nennt er nicht.

Am 7. Mai wird die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Richard Pitterle bekannt. Das jüngste Treffen von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Hoeneß war am 15. Januar 2013 zum Mittagessen. Damals gingen alle davon aus, es habe drei Tage nach Hoeneß’ Selbstanzeige stattgefunden. Schließlich hatte er dem „Stern“ selbst den 12. Januar genannt.

Zwei Termine in Berlin - einen mit der Kanzlerin, einen mit dem "Stern"-Autor

Am 6. Juni hat die „SZ“ neue Erkenntnisse: „Harakiri in Bad Wiessee“. Die Selbstanzeige sei am 17. Januar frühmorgens bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle in Rosenheim eingereicht worden. Das war ein Donnerstag. An dem erschien die Print-Ausgabe des „Stern“ mit dem Bericht über das geheime Konto. Ein Steuerfahnder in Altersteilzeit, ein Steuerberater und ein Anwalt habe Hoeneß bei der Selbstanzeige geholfen.

Drei Tage zuvor, am Montagmorgen, den 14. Januar, hatte der „Stern“ die Schweizer Privatbank Vontobel mit seinen Recherchen konfrontiert. Am Dienstag, den 15. Januar, hatte Hoeneß zwei Termine in Berlin. Er traf sich mit „Stern“-Journalist Hans-Ulrich Jörges im Café Einstein, Unter den Linden. Jörges sagte jetzt zur „SZ“, er habe von der Recherche des Kollegen nichts gewusst. Zum Mittagessen traf sich Hoeneß mit Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel. Danach soll ihn die Bank Vontobel gewarnt haben, dass der „Stern“ recherchiere. Erst da soll er sich zu einer Selbstanzeige entschlossen haben. Die wurde dann offenbar in Panik zusammengezimmert.

Jetzt berichtet auch die „SZ“ von einer „freiwilligen Abschlagszahlung“, die Hoeneß mit seiner Selbstanzeige den Steuerbehörden angeboten habe: „Sie soll bei gut neun Millionen Euro liegen.“

 

Die Rechtslage: Schützt die Selbstanzeige vor Gefängnis?

Bei einer Million Euro endet die Milde. Wer sie der Staatskasse vorenthält, muss mit Gefängnis rechnen. Der Bundesgerichtshof hat den Umgang mit Steuersündern in den vergangenen Jahren drastisch verschärft – auch bei der Selbstanzeige. Ausnahmen von der Haft-Strafe sind nur aus „besonders gewichtigen Gründen“ zulässig.

Darauf könnte die Verteidigungsstrategie des FCB-Präsidenten abzielen: Hoeneß, der Suchtkranke, der selber reinen Tisch machen wollte, aber offenbar lauter Dilettanten für seine Selbstanzeige engagiert hatte.

In dem „Zeit“- Interview mit dem Bayern-Boss und seinem Sohn Florian geht es vor allem um Hoeneß „Zockersucht“. „Ich halte mich nicht für krank“, sagt er. „Zumindest heute nicht mehr.“ Ein paar Jahre lang sei er wohl nah dran gewesen. Sein Sohn Florian hakt ein: „Ich darf sagen, dass die Familie dies ein bisschen anders sieht.“

Auch bei seiner Selbstanzeige, die wohl nicht den Anforderungen entsprach, sieht sich Hoeneß als Opfer: Er habe einen Steuerberater, einen Steuerfachmann und einen Wirtschaftsanwalt damit beauftragt. „Sollte es Fehler gegeben haben“, so Hoeneß, „habe ich diese nicht selber begangen.“
 

 

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