Sieben Meiler bleiben wohl abgeschaltet
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer glaubt nicht, dass die sieben abgeschalteten deutschen Atomkraftwerke wieder ans Netz gehen.
Hamburg - „Ich kann mir schwer vorstellen, dass es wirtschaftlich ist, sie noch einmal nachzurüsten“, sagte der CSU-Vorsitzende dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ laut Vorabbericht. Er wünsche sich bis 2020 einen weitgehenden Abschied von der Kernenergie und wolle „energiepolitisch ein grünes Bayern schaffen“.
Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) könnte Deutschland bis 2017 alle Kernkraftwerke stilllegen, ohne dass die Stromversorgung oder die Klimaschutzziele gefährdet seien. Im deutschen Kraftwerkspark gibt es laut UBA Überkapazitäten von elf Gigawatt, was es erlaube, die sieben ältesten Meiler plus das AKW Krümmel nicht wieder anzuschalten, berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf das Umweltbundesamt.
Vor allem Erdgas-Wärme-Kraftwerke könnten bis 2017 sukzessive die Stromproduktion der neueren AKW übernehmen. Allerdings warnte der frühere Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) vor einem übereilten Umstieg auf Erdgas und Kohle.
Der Vorsitzende der von der Regierung ins Leben gerufenen „Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung“ verwies auf mögliche ökologische Folgen eines solchen Umstiegs. Einem Ausbau von Kohlekraftwerken steht Töpfer „äußerst kritisch“ gegenüber, wie er dem „Spiegel“ sagte.
Unterdessen trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrer Atomwende in der Koalition auf wachsenden Widerstand, wie das Nachrichtenmagazin weiter berichtet. In der Unions-Fraktion werde moniert, dass der Ethikkommission keine Fachpolitiker der Koalition angehören.
Die Kritiker Merkels wollten in der nächsten Sitzungswoche des Bundestages Anfang April ein eigenes Beratungsgremium zur Zukunft der Kernenergie aufstellen. „In der Atomfrage wurde überhitzt eine Entscheidung getroffen, die unsere Glaubwürdigkeit in Frage stellt“, zitiert der „Spiegel“ den CDU-Energiepolitiker Thomas Bareiß.
Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) warnte: „Wenn diese sieben Kraftwerke nicht mehr ans Netz gehen, wird es schwieriger, unsere ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen.“ Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), befürchtet durch die Abkehr von der Kernenergie höhere Strompreise und warnt vor einer Abwanderung stromintensiver Industrien aus Deutschland.
Der FDP-Wirtschaftspolitiker Martin Lindner sprach von einer „Hauruck-Entscheidung“. Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms beklagte laut „Spiegel“: „Das Abschalten der Kernkraftwerke haben die Unions-Ministerpräsidenten durchgesetzt, die damit Fakten geschaffen haben.“ Dadurch sei „der falsche Eindruck entstanden, die Überprüfung sei nicht ergebnisoffen“.