Schlingerkurs am Hindukusch

Während CDU-Chefin Merkel eine Entscheidung zur künftigen Truppenstärke in Afghanistan erst im Sommer treffen will, lehnt SPD-Chef Beck eine Aufstockung vehement ab. Auch die Grünen sind strikt dagegen.
Die SPD-Spitze hat eine weitere Aufstockung des deutschen Kontingents in Afghanistan mit aller Deutlichkeit abgelehnt. Die bisherige Obergrenze von 3500 Soldaten müsse auch weiterhin «der Maßstab bleiben», sagte SPD-Chef Kurt Beck am Montag nach einer Präsidiumssitzung in Berlin. Die Entsendung von zusätzlichen 1000 Männern und Frauen sei «weit außerhalb dessen, was für uns vorstellbar ist», fügte Beck hinzu.
Die Bundeskanzlerin will sich dagegen erst im Sommer über den künftigen Umfang des Bundeswehr-Engagements in Afghanistan und die Intervalle der Bundestagsentscheidungen festlegen. Das sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag in Berlin. An einer Aufstockung der Zahl der Soldaten am Hindukusch von derzeit maximal 3500 wird nach den Worten eines Sprechers des Verteidigungsministeriums gleichwohl «nicht gearbeitet».
«Daran wird nichts geändert»
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, das im Oktober vom Bundestag beschlossene Mandat habe Bestand. «Daran wird nichts geändert», sagte sie dem «Hamburger Abendblatt». Wie man «mit dem Inhalt des im Oktober zu verlängernden Mandats umgeht, dazu gibt es noch keine Festlegungen innerhalb der Koalitionsspitze», sagte Wilhelm. Zu Äußerungen von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, die Laufzeit des Mandats von 12 auf 16 oder 18 Monate zu erhöhen, sagte Wilhelm, das sei keine abschließende Positionierung, sondern müsse ebenfalls «in aller Ausführlichkeit mit dem Parlament erörtert» werden. Eine Sprecherin Steinmeiers wies darauf hin, dass der Vorschlag darauf abgezielt habe zu vermeiden, dass die Entscheidungen 2009 genau dann anstehen, wenn sich im Oktober eine neue Regierung und ein neues Parlament konstituieren müssten.
Kritik von Liberalen und Grünen
Der Vorschlag stieß am Montag auf Protest der FDP und der Grünen. Die Verteidigungsexpertin der Liberalen, Birgit Homburger, kritisierte ihn als Versuch, die Debatte aus dem Wahlkampf herauszuhalten und sprach von einem «unerträglichen Vorgang und einen ganz miesen Trick». Sie forderte in der «Passauer Neuen Presse» im Übrigen stärkere Anstrengungen bei der Polizeiausbildung und beim Wiederaufbau.
Die Grünen lehnten eine Aufstockung des Kontingents für Afghanistan ab. Afghanistan brauche nicht mehr Soldaten, sondern mehr Aufbau - gerade auch bei den Polizeistrukturen, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth am Montag in Berlin nach Sitzungen von Parteivorstand und Parteirat. Die Bundesregierung müsse endlich klar machen, dass die US- Strategie im Süden des Landes gescheitert sei und mehr und mehr die Zivilbevölkerung in den Krieg hineingezogen werde. Die relative Sicherheit im Norden sei mit auf den Einsatz der Bundeswehr auch für den Aufbau des Landes zurückzuführen. (nz/dpa)