Schavan unter Druck

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der unter Plagiatsverdacht stehenden Bildungsministerin Annette Schavan (beide CDU) vorerst den Rücken gestärkt.
dpa |
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Berlin - Allerdings machte Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich, dass nur die Universität Düsseldorf die Doktorarbeit Schavans beurteilen könne. Die Ministerin selbst wollte sich vorerst nicht im Detail zu den Vorhaltungen äußern. Den Vorwurf einer bewussten Täuschung hatte sie zurückgewiesen.

"Die Ministerin hat mein vollstes Vertrauen", sagte Merkel am Montag in Berlin. Es sei Sache der Universität Düsseldorf, die Doktorarbeit zu beurteilen. "Die Hochschule ist unabhängig in ihrer Urteilsfindung. Insofern habe ich davor natürlich den notwendigen Respekt."

Der Vorsitzende des Promotionsausschusses der Universität hat Schavan in einem Gutachten laut Medienberichten Täuschungsabsicht bei ihrer mehr als 30 Jahre alten Doktorarbeit vorgeworfen. Auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt Schavans verwies Regierungssprecher Steffen Seibert darauf, dass eine Entscheidung der Universität noch ausstehe. "Auf der Basis dieser Entscheidung können wir dann weiterreden."

Die SPD hält den Rücktritt Schavans für unausweichlich, falls sich die Hinweise über ihre Doktorarbeit verstärkten. "Sie kann als Wissenschaftsministerin ihre Arbeit nicht mehr glaubwürdig tun, sollten sich die Vorwürfe erhärten", sagte Generalsekretärin Andrea Nahles. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, sie müsse sich an ihren Maßstäben im Fall Karl-Theodor zu Guttenberg messen lassen. Schavan hatte wegen der Plagiatsvorwürfe gegen den damaligen CSU-Verteidigungsminister gesagt, sie schäme sich als Wissenschaftlerin "nicht nur heimlich".

Schavan wies den Täuschungsvorwurf in mehreren Interviews zurück. "Ich habe zu keinem Zeitpunkt bei der Arbeit an meiner Dissertation versucht zu täuschen", sagte sie der "Rheinischen Post" (Montag). "Sobald mir der Promotionsausschuss Gelegenheit dazu gibt, werde ich zu den Vorwürfen Stellung nehmen." Ihr Sprecher sagte, die Ministerin warte damit noch ab, "weil sie aus Respekt vor der Unabhängigkeit der Wissenschaft dieses Verfahren respektiert". An diesem Dienstag unternehme Schavan zunächst wie geplant eine Dienstreise nach Israel.

Schavan kritisierte zugleich das Bekanntwerden von Einzelheiten des Gutachtens: "Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, dass ein vertrauliches Gutachten eines Hochschullehrers der Presse vorliegt, bevor die Betroffene von der Existenz des Gutachtens weiß."

Seibert machte deutlich, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel noch keine Meinung zu dem Täuschungsvorwurf gebildet hat. Die Prüfung obliege der Universität. "Also kann sich doch niemand außerhalb dieses Promotionsgremiums derzeit eine Meinung über diese Promotion bilden, jedenfalls keine abschließend begründete."

NRW-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) sagte, ohne Widerlegung der Vorwürfe könne Schavan ihr Amt nicht mehr glaubwürdig ausüben. Grünen-Chef Cem Özdemir betonte hingegen: "Es gilt die Unschuldsvermutung."

FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte, er rechne damit, dass alle Vorwürfe durch andere Gutachter oder die Ministerin geklärt werden. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte auf die Frage nach einem Rücktritt: "Das muss sie selbst entscheiden." Unions-Fraktionsvize Michael Kretschmer (CDU) kritisierte es als verstörend, dass das Gutachten an die Presse gespielt worden, ohne dass die Beteiligten Stellung hätten nehmen können.

Die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität überprüft seit mehreren Monaten Schavans Doktorarbeit aus dem Jahr 1980 auf Plagiatsvorwürfe. Wie "Spiegel" und "Süddeutsche Zeitung" berichten, hat der Gutachter Stefan Rohrbacher auf 60 von 351 Seiten Mängel gefunden und eine leitende Täuschungsabsicht festgestellt. Allerdings ist noch nicht sicher, ob Schavan ihren Doktortitel verliert. Eine offiziellke Empfehlung des Promotionsausschusses, auf deren Basis der Fakultätsrat der Uni entscheidet, steht noch aus.

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