Kommentar

Reiner Zufall? Was ein SPD-Abgeordneter aus Bayern vor dem verpatzten Wahlgang von Friedrich Merz gesagt hat

Wer war das für Friedrich Merz? Die Frage nach den verlorenen Kanzlerstimmen muss man stellen – und noch eine andere.
von  Martina Scheffler
Schwere Schlappe für Friedrich Merz: Er wird wider Erwarten nicht im ersten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt.
Schwere Schlappe für Friedrich Merz: Er wird wider Erwarten nicht im ersten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt. © Michael Kappeler/dpa

Es war der Münchner SPD-Abgeordnete Sebastian Roloff, der schon kurz nach der Bundestagswahl verkündete, er wisse von mehr als drei Handvoll Abgeordneten seiner Fraktion, die sich mit Schwarz-Rot, also auch mit einem Kanzler Friedrich Merz, sehr schwertäten. Und nun sind es gerade 18 Stimmen, die Merz zur Wahl fehlten. Man darf mit einer gewissen Berechtigung annehmen, dass darunter auch mindestens einige der drei Handvoll aus der SPD sind, auch wenn die SPD nun das Gegenteil angibt - auch wenn zumindest Roloff selbst Merz gewählt hat, wie er der AZ verriet.

Das ist ihr gutes Recht

In jedem Fall sind es Abgeordnete, die sich wohl auf ihr Gewissen berufen werden – ihr gutes Recht. Doch in diesem Fall ist die Wahrnahme dieses Rechts, wie immer man auch zu Friedrich Merz stehen mag, schädlich für Deutschland.

Es ist in Anbetracht der geopolitischen Weltlage auch schädlich für Europa. Es stellt sich ein nie dagewesenes Interregnum ein, denn auch wenn es nun weiter einen geschäftsführenden Kanzler gibt, haben bereits die vergangenen Wochen gezeigt, wie sich der Zwischenzustand, in dem Deutschland politisch verharrt, nachteilig auf seinen Platz auf der Weltbühne ausgewirkt hat - Scholz wurde in die letzte Reihe verschoben.

Und wo ist Scholz? Ganz hinten steht der Bundeskanzler auf dem Gruppenbild der europäischen Staats- und Regierungschefs um Großbritanniens Premier Keir Starmer (vorne 2.v.r) und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (vorne r.) auf dem Ukraine-Gipfel im Lancaster House in London.
Und wo ist Scholz? Ganz hinten steht der Bundeskanzler auf dem Gruppenbild der europäischen Staats- und Regierungschefs um Großbritanniens Premier Keir Starmer (vorne 2.v.r) und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (vorne r.) auf dem Ukraine-Gipfel im Lancaster House in London. © dpa/NTB/Javad Parsa

Vom ersten Tag an belastet

Und Merz ist nachhaltig beschädigt. Der Start in seine Vielleicht-Kanzlerschaft war vom ersten Tag an belastet, seien es nun gebrochene Wahlversprechen oder die von vielen als zu zahlreich empfundenen Zugeständnisse an die SPD. Die mögen, wer weiß das zur Stunde, auch Unionsabgeordneten zu sauer aufgestoßen sein. Beschädigt ist auch Merz' Anspruch und der seiner Beinahe-Regierung, den Bürger wieder für die Vorzüge der Demokratie zu gewinnen. Wer aber frohlockt nun wieder mal am lautesten? Die AfD. Auch in den USA und Russland dürfte man kein Bedauern hören - ein schwaches Deutschland und damit ein geschwächtes Europa kommt Putin wie Trump gerade recht.

Wird nicht betrübt sein über Merz' Scheitern: Kremlchef Wladimir Putin.
Wird nicht betrübt sein über Merz' Scheitern: Kremlchef Wladimir Putin. © dpa/Pool Sputnik Kremlin/Mikhail Metzel

Wenn die Hängepartie weitergeht und wir am Ende früher einen neuen Papst als einen neuen Kanzler haben, dann ist man, denkt man an Deutschland in der Nacht, wahrhaft um den Schlaf gebracht. Jetzt muss es einmal wirklich schnell gehen – sich schnell mit dem Schuss vor den Bug für Merz begnügen oder schnell scheitern und Neuwahlen ansetzen. Was das dann bedeutet, müssen die Abgeordneten mit ihrem Gewissen vereinbaren.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.