Pro und Contra zur drohenden Tabaksteuer-Erhöhung: Gesundheit retten oder Raucher schröpfen?

Die EU-Kommission schlägt vor, die Tabaksteuer drastisch zu erhöhen. Ob der Plan so abgesegnet wird, ist fraglich, schließlich haben Mitgliedstaaten und EU-Parlament ein Wörtchen mitzureden. Trotzdem warnt Deutschlands Tabakbranche bereits jetzt vor höheren Preisen.
"Das Vorhaben würde dazu führen, dass der Preis für eine Packung Markenzigaretten in Deutschland von derzeit etwa 8,50 Euro auf mehr als zwölf Euro steigt", sagte Jan Mücke vom Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartigen Erzeugnisse (BVTE). Der 30-Gramm-Beutel mit Feinschnitttabak zum Selbstdrehen würde demnach künftig statt zehn Euro mehr als 18 Euro kosten.
Die einen sehen in der Steuererhöhung einen längst überfälligen Schritt, die anderen bezweifeln, die Wirksamkeit des europäischen Vorhabens. Auch in der Redaktion der Abendzeitung scheiden sich die Geister. Ein Pro und Contra:
Pro von AZ-Politik-Vize Martina Scheffler: "Die Tabakindustrie ist gegen alles, was ihr Geschäft stört"
Klar, die Tabaklobby ist gegen alles, was ihr Geschäft stört. Gerade Deutschland ist im Vergleich zu anderen Ländern ein gutes Pflaster für sie. Geradezu quälend lange hat es gedauert, bis ein Rauchverbot in der Innengastronomie kam. Erst seit 2022 ist Tabakwerbung auf Plakaten oder an Bushaltestellen verboten.
Auch eine Steuererhöhung ist nicht der Weisheit letzter Schluss, ein weitgehendes Rauchverbot in der Öffentlichkeit, wie es in manchen anderen Ländern längst praktiziert wird, würde mehr im Kampf gegen den Konsum erreichen. Aber bis das geschieht, so pessimistisch muss man sein, wird es dauern. So lange ist die Steuererhöhung ein Instrument, das man nutzen sollte.

Schon jetzt sinkt die Raucherquote unter Jüngeren. Und wer mehr zahlen muss, driftet nicht zwingend in die Illegalität ab. Der Mensch ist bequem: Jede Hürde, eine ohnehin als gesundheitsschädigend bekannte Sucht weiterzuverfolgen, ist zugleich ein Argument, es doch sein zu lassen – im Sinne der eigenen Gesundheit, der der unfreiwilligen Passivraucher, des Umwelt- und des Klimaschutzes.
Contra von AZ-Nachrichtenredakteur Alexander Spöri: "Eine Steuerillusion, die keinem außer dem Staat hilft"
Ob die Tabakindustrie sich aufregt, ist irrelevant – Unternehmen wollen nun einmal Gewinne machen. Entscheidender ist die Bevormundung, die in dieser drastisch höheren Tabaksteuer steckt. Ja, jeder Mensch, der sich eine Zigarette anzündet und seine Lunge ruiniert, ist einer zu viel. Doch was die EU-Kommission hier als Wohltat verkauft, füllt in Wahrheit nur die Staatskasse.

Eine gesetzliche Zweckbindung, die Mehreinnahmen in Prävention oder das Gesundheitssystem lenkt? Fehlanzeige. Stattdessen landet das Geld im Haushalt – bezahlt ausgerechnet von jenen, die ohnehin schon am wenigsten haben und am häufigsten zur Zigarette greifen.
Abschrecken wird das kaum jemanden: Wer muss, dreht selbst, steigt auf billigere Vapes um oder weicht auf den Schwarzmarkt aus – wo die Stange längst für 65 Euro unter dem offiziellen Preis zu haben ist. Was da drinsteckt, ist unklar. Aber sicher ist: Gesünder wird es nicht.
Wer glaubt, dass hohe Preise automatisch den Konsum drosseln, sollte diesen Herbst mit großen Augen nach München blicken: Die Maß auf der Theresienwiese kostet heuer 18 Euro mit Trinkgeld – und der Pro-Kopf-Bierkonsum auf der Wiesn schießt trotzdem immer weiter nach oben.
Herzlich willkommen in der Hauptstadt des Bieres. Aber die Hauptstadt der Steuerillusionen? Die liegt wohl einige Hundert Kilometer nordwestlich – in der belgischen EU-Metropole Brüssel.