Ministerin: Israel darf Steuergelder nicht einbehalten

Die palästinensische Regierung von Präsident Abbas hat bald kein Geld mehr, um Lehrerinnen, Klinikpersonal und Polizisten zu bezahlen. So weit dürfe es nicht kommen, heißt es von der Bundesregierung.
von  dpa
Am Dienstag traf Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) den Ministerpräsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah. (Archivfoto)
Am Dienstag traf Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) den Ministerpräsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah. (Archivfoto) © Katharina Kausche/dpa

Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) hat Israel mit Nachdruck aufgefordert, zurückgehaltene Steuergelder an die palästinensische Autonomiebehörde auszuzahlen. Die Regierung von Präsident Mahmud Abbas in Ramallah stehe unter einem beispiellosen politischen und finanziellen Druck, sagte die Ministerin der Deutschen Presse-Agentur während ihrer Reise durch die Nahost-Region. 

Ein Kollaps der Autonomiebehörde würde im Westjordanland Raum für weitere Instabilität öffnen, warnte sie. Experten befürchten, dass die islamistische Hamas aus einer solchen Situation politisches Kapital schlagen könnte.

Im Rahmen des Oslo-Friedensprozesses in den 1990er Jahren war vereinbart worden, dass Israel Steuern und Zölle im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen erhebt und diese an die palästinensische Autonomiebehörde weiterleitet. 

Springt Deutschland in die Bresche?

"Israel ist in dieser Situation in der Verantwortung, die den Palästinensern zustehenden Steuern jetzt unverzüglich auszuzahlen", sagte Alabali Radovan der dpa in der jordanischen Hauptstadt Amman. Deutschland werde angesichts der Lage zusätzliche Hilfen für den Haushalt der Autonomiebehörde prüfen und über zusätzliche Hilfen auch innerhalb der EU beraten. "Es gilt jetzt keine Zeit zu verlieren", sagte die SPD-Politikerin.

Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte die israelische Regierung bereits bei einem Besuch Anfang August aufgefordert, die seit Mai komplett blockierten Steuergelder, die den Palästinensern rechtmäßig zustehen, weiterzugeben. Die Entwicklungsministerin, die am Dienstag und Mittwoch das Westjordanland und Israel besucht hatte, sagte, ohne eine funktionierende palästinensische Behörde werde es keine realistische Chance auf eine Zweistaatenlösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt geben. 

Mit Zweistaatenlösung ist gemeint, dass Israel und ein unabhängiger, demokratischer Palästinenserstaat friedlich Seite an Seite leben. UN-Generalsekretär António Guterres sagte Ende Juli, eine Zweistaatenlösung sei derzeit weiter entfernt als je zuvor.

Autonomiebehörde soll Reformen umsetzen

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte kürzlich als eines der Prinzipien zur Beendigung des Krieges die Errichtung einer Israel gegenüber friedlich gesonnenen Zivilregierung ohne eine Beteiligung der Hamas oder der Autonomiebehörde genannt. Die Bundesregierung sieht bei der Autonomiebehörde zwar Reformbedarf, plädiert aber dafür, sie in die Verwaltung des Gazastreifens nach einem Waffenstillstand einzubeziehen - auch damit dort kein Machtvakuum entsteht. 

Die Bundesregierung setzt sich für einen Waffenstillstand im Gazastreifen und die Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln ein, die von der Hamas und anderen islamistischen Gruppen bei dem Terrorüberfall am 7. Oktober 2023 verschleppt worden waren.

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