Lammert betont "europäische Dimension" der Deutschen Einheit

Angesichts der Krise in Europa hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am Tag der Deutschen Einheit die "europäische Dimension" der Wiedervereinigung betont.
dpa/dapd |
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München -  "Ohne die Überwindung der Spaltung Europas wäre die deutsche Einheit nicht möglich gewesen". Das sagte Lammert am Mittwoch beim zentralen Festakt in der Münchner Staatsoper. "Die Wiederherstellung der staatlichen Einheit unseres Landes war umgekehrt Voraussetzung für das Zusammenwachsen Europas."

Gleichzeitig warnte Lammert vor einer neuen Rivalität von Nationalstaaten als Reaktion auf die Euro-Schuldenkrise. Die Weiterentwicklung Europas liege „im deutschen Interesse“.

Lammert forderte eine stärkere Rückbesinnung auf die politische Idee eines vereinten Europas. "Europa ist mehr als eine Verwaltung, mehr als die viel gescholtene Bürokratie, mehr als Richtlinien und mehr als Verträge. Und sie ist auch mehr als der Euro", sagte der Parlamentspräsident. "Wer heute Meldungen über Europa verfolgt, muss den Eindruck gewinnen: Es geht meist um Geld, um Schulden und ihre Tilgung, um Schuldenschnitte und ihren Umfang."

Lammert hob die Fortschritte seit dem Fall der Mauer hervor. Zwar bleibe noch manches zu tun – „aber die Erfolge und Errungenschaften der deutschen Einheit sind deutlich sichtbar“.

Ökumenischer Festgottesdienst

An der zentralen Einheitsfeier in München nahmen viele deutsche Spitzenpolitiker teil, darunter Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Zuvor hatten sie einen ökumenischen Gottesdienst in der Kirche St. Michael gefeiert. Vor mehr als 1500 Gästen hoben dabei auch Kardinal Reinhard Marx und der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm die besondere Verpflichtung Deutschlands für die Zukunft Europas hervor. Beide warnten vor deutschen Alleingängen oder deutscher Überheblichkeit.

„Wir sind nicht alleine als Deutsche unterwegs.“, erklärte Marx. Er erinnerte daran, dass es ohne die Gemeinschaft in Europa keine deutsche Einheit gegeben hätte. Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sagte, die gebotene Dankbarkeit der Deutschen für die geschenkte Freiheit seit der Wiedervereinigung sei nicht vereinbar mit einer Überheblichkeit anderen gegenüber. Zwar bedeute wohlverstandene Solidarität auch, Anreize zu setzen. Bei den Diskussionen über die Euro-Schuldenkrise müsse aber der „Geist wechselseitiger Achtsamkeit“ zu spüren sein.

Würdigung der ostdeutschen Aufbauleistung

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte zu Beginn des Festakt die Aufbauleistung der Ostdeutschen nach der Wende. "Viele Menschen haben nach dem Fall der Mauer die Chance ergriffen und dabei große Brüche erleben müssen. Für diese Anpassungsprozesse sollten wir den Menschen in Ostdeutschland großen Respekt zollen", sagte der amtierende Bundesratspräsident. „Erst das offene Aufbegehren gegen das Regime der SED hat den Weg zur Einheit in Freiheit geebnet.“

Seehofer sagte, nach der Wiedervereinigung habe es „viel Solidarität“ in Deutschland gegeben. Zugleich hätten die Menschen in den neuen Bundesländern „in bewundernswerter Weise die Chancen ergriffen, aber auch harte Brüche, Anpassungsprozesse und Reformen gemeistert“. Dies verdiene Respekt.

Auch Seehofer ließ in seiner Rede die europäische Dimension der Widervereinigung nicht unerwähnt: „Deutschland ist ein wunderbares Land – und gemeinsam mit unseren europäischen Freunden haben wir alle Chancen auf eine blühende Zukunft.“

Feiern auch in Berlin

Die Bundeshauptstadt feierte den 22. Jahrestag der Deutschen Einheit wieder mit einem Volksfest am Brandenburger Tor. Viele Familien spazierten über die Straße des 17. Juni. Im sächsischen Landtag kritisierte der Schriftsteller Uwe Tellkamp den Verlust von Maßstäben und Werten bei der Globalisierung. "Es ist Zeit für eine Besinnung", sagte der Autor des Romans "Der Turm" in Dresden. Globalisierung sei wichtig und "wahrscheinlich richtig". Es drohten aber menschliches Maß und Werte wie Rücksicht und Vernunft vergessen zu werden.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte in einem schriftlichen Grußwort zum Tag der Einheit: „Es wird Deutschland auf Dauer nicht gut gehen, wenn es Europa auf Dauer schlecht geht.“ Europa habe zwar seinen Preis, aber „vor allem seinen Wert“.

Lammert nennt Fortschritte in Deutschland ermutigend

Lammert betonte bei dem Festakt: „Bei allen aktuellen Schwierigkeiten, die es zweifellos gibt, kann und sollte uns ermutigen, was wir Deutsche seit dem 3. Oktober 1990 in unserem Land gemeinsam erreicht haben.“ Dies sei nicht nur aus eigener Kraft, sondern auch mit großen Förderhilfen der europäischen Gemeinschaft geschehen.

Auf großes Interesse stieß bei strahlendem Sonnenschein das „Bürgerfest“ zum Tag der Einheit in der Münchner Innenstadt. Nach Angaben der Staatskanzlei waren dorthin am frühen Nachmittag rund 200.000 Menschen gekommen.

 

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