Köhler nennt die ersten Monate von Schwarz-Gelb "enttäuschend"
BERLIN - Die Hoffnungen beim Regierungsantritt der schwarz-gelben Koalition waren groß, so Bundespräsident Horst Köhler in einem Interview, bisher aber seien sie enttäuscht worden. Nun müsse endlich die Reformpolitik beginnen, mahnte er - und forderte Politiker von CDU und FDP zum "Drogenentzug" auf.
Bundespräsident Horst Köhler hat sich kritisch zur bisherigen Arbeit der schwarz-gelben Koalition geäußert. Bei der Ernennung der Bundesregierung im Oktober habe er gesagt, dass das Volk tatkräftiges Regieren erwarte. Daran gemessen waren die ersten Monate enttäuschend», sagte Köhler dem «Focus». «Das Gute ist: Darüber sind sich die Beteiligten selbst klar.»
Inzwischen trete in der Koalition Realismus ein. Zu den von Schwarz-Gelb beschlossenen Steuererleichterungen unter anderem für Hoteliers sagte er: «Die Einzelmaßnahmen sind bereits kritisch genug beleuchtet worden.» Ihn habe «schon der Begriff "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" nachdenklich gemacht, unter dem diese Dinge zusammengefasst wurden. Als sei es der Staat, der für immer mehr, immer schnelleres Wachstum sorgen könne.» Spielraum für weitere massive Steuersenkungen sieht Köhler derzeit nicht. «Das wäre ein Vabanquespiel.» Eindringlich forderte Köhler eine «Lösung für das Megaproblem Schulden».
«Wir müssen weg von schuldengetriebenem Konsum. Davon wieder runter zu kommen, ist schwer wie ein Drogenentzug, aber unumgänglich für nachhaltiges Wachstum, das allen Menschen dient.» Der Bundespräsident forderte «einen neuen Aufbruch zu Reformpolitik». «Wir brauchen Langfristigkeit in der politischen Gestaltung und müssen Abstand nehmen von kurzlebigen Programmen», sagte Köhler. Nötig sei neben Sparanstrengungen die steuerliche Förderung von Forschung in Unternehmen, Mehrausgaben für Bildung und eine Entlastung der Mittelschicht.
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