Kinderporno-Fall Tauss: „Soziale Exekution“

Die Staatsanwälte wollen den umstrittenen früheren SPD-Politiker anklagen – und begehen in der Hitze des Gefechts Fehler. Jetzt bekriegt sich die Justiz intern. Doch Tauss dürfte um eine Anklage dennoch nicht herumkommen.
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„Das war ein Kunstfehler“: Generalstaatsanwältin Christine Hügel.
dpa „Das war ein Kunstfehler“: Generalstaatsanwältin Christine Hügel.

KARLSRUHE - Die Staatsanwälte wollen den umstrittenen früheren SPD-Politiker anklagen – und begehen in der Hitze des Gefechts Fehler. Jetzt bekriegt sich die Justiz intern. Doch Tauss dürfte um eine Anklage dennoch nicht herumkommen.

In der Kinderpornoaffäre um den Ex-SPD-Abgeordneten Jörg Tauss werden die Töne immer schriller: Jetzt gibt es auch in der Justiz erhebliche Verwerfungen um eine mögliche Anklage gegen den umstrittenen Politiker. Die Karlsruher Generalstaatsanwältin Christine Hügel fuhr gestern ihrem mit den Ermittlungen befassten Kollegen Rüdiger Rehring offen in die Parade: Dieser habe sich „ein bisschen voreilig und nicht sehr geschickt“ verhalten, kritisierte die Behördenchefin.

In der Sache geht es um die Frage, ob die Staatsanwaltschaft nun Anklage gegen Tauss erhebt. Sie hat ihren Ermittlungsbericht offenbar fertig, Tauss allerdings bislang keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Auch seine Immunität ist noch nicht aufgehoben. Tauss sitzt nach wie vor im Bundestag, allerdings nicht mehr für die SPD, die ihn nach Bekanntwerden der Vorwürfe fallen ließ. Sondern für die neu gegründete „Piratenpartei“, die sich für freien Informationsfluss im Internet einsetzt.

Rehring war schon vorgeprescht und in der „Bild“-Zeitung mit dem Satz zitiert worden: „Wir beabsichtigen, eine Anklage zu erheben.“ Bei Tauss löste das sarkastische Reaktionen aus: Er freue sich, vom Staatsanwalt mal wieder via Presse zu hören, kommentierte er online auf seinem Twitter-Kanal. „So bleibt man in eigener Sache sehr gut informiert.“

Sein Anwalt Jan Mönikes sprach von einer „sozialen Exekution“. Auch die Generalstaatsanwältin räumte ein, die Justiz achte sonst „peinlichst“ darauf, Anklagen nicht über Medien mitzuteilen. Vom ermittelnden Kollegen verlangte sie einen Bericht, nannte das Verhalten aber schon vorab einen „Kunstfehler“.

Für die Ermittler kommt die gesammelte Aufregung zur Unzeit: In der Sache sind sie nämlich offenbar davon überzeugt, dass sich Tauss Verfehlungen vorhalten lassen muss. Bei ihm waren DVDs und Handybilder mit Kinderpornomaterial gefunden worden.

Und die Ermittler glauben nach wie vor nicht an Tauss’ Erklärungen, er habe nur auf eigene Faust in der Szene recherchieren wollen. Das sei wenig glaubhaft, weil Tauss „keinen dienstlichen Auftrag“ für solche Ermittlungen gehabt habe. Staatsanwalt Rehring: „Wir gehen immer noch davon aus, dass sich Herr Tauss des strafbaren Besitzes von kinderpornografischen Dateien und Bildmaterial schuldig gemacht hat.“

mue

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