Kapitän Hubers Kampf gegen die "Wurschtigkeit"

Sechs Wochen vor der Landtagswahl läuten CSU und SPD den Wahlkampf in Bayern ein – mit gegenseitigen Verbalattacken. Erwin Huber fährt zum Auftakt Donau-Schiffchen: Mit einem Angstwahlkampf will der CSU-Chef die Bayern aus ihrer „Wurschtigkeit“ reißen.
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Erwin Huber am Steuer des Fährschiffs "Renate".
AP Erwin Huber am Steuer des Fährschiffs "Renate".

Sechs Wochen vor der Landtagswahl läuten CSU und SPD den Wahlkampf in Bayern ein – mit gegenseitigen Verbalattacken. Erwin Huber fährt zum Auftakt Donau-Schiffchen: Mit einem Angstwahlkampf will der CSU-Chef die Bayern aus ihrer „Wurschtigkeit“ reißen.

Von Volker ter Haseborg

Was macht ein Parteichef, dessen Partei sich in einem Wahlkampf befindet, von dem aber niemand etwas mitbekommt? Er kündigt ein „Sommergespräch“ an, besteigt dazu ein Schiff, lässt die Anker lichten, schaut sinnierend aufs Gewässer und erklärt die Welt.

Dienstag 10.30 Uhr. Das Fahrgastschiff „Renate“ verbreitet stinkende schwarze Wölkchen, am Anleger flattert ein Fähnlein mit der Aufschrift „Partytime“. „Oiso, dann fahr ma!“ ruft Erwin Huber. Hier in Kelheim hat er ein Heimspiel. Munter besteigt er den Kahn, entert sogleich die Brücke, setzt sich die Kapitänsmütze auf und ergreift das Steuer. Über die Donau soll es zum Kloster Weltenburg gehen. „Natur und Kultur“, stößt Huber hervor, „da geht einem das Herz auf.“ Offenbar so weit, dass die Natur seine Phantasie zu höchst spektakulären Vergleichen verleitet. Zum Beispiel, als „Renate“ die Befreiungshalle Kelheim passiert, die der Wittelsbacher Ludwig I. nach dem Sieg über Napoleon hatte bauen lassen. „Die Wittelsbacher haben 700 Jahre regiert. Das ist die Vision der CSU“, philosophiert Huber. Als „Renate“ den Donaudurchbruch durchfährt, kann sich Huber gar nicht mehr einkriegen: „Ich spüre so richtig den Durchbruch“, trompetet er.

Zum Glück ist das Kloster bald erreicht, Huber hat wieder festen Boden unter den Füßen – und braucht erst mal ein Bier. Dann ist Schluss mit lustig: Der Parteichef will erklären, wie die CSU ihre 50 plus X doch noch packen wird: mit einem Angstwahlkampf. Zusammengefasst lautet Hubers Sicht so: Bayern ist von Kommunisten bedroht. Denn nicht nur SPD-Chef Kurt Beck, sondern auch Bayerns Spitzenkandidat Franz Maget stecke mit der Linkspartei unter einer Decke. Die FDP und die Freien Wähler haben entweder keine Verlässlichkeit oder kein Programm. Fazit Huber: „Die Freien Wähler sind profillos. Die Linkspartei ist chancenlos. Und Rot-Grün ist zukunftslos.“ Kein Wunder, dass nur die CSU Bayern retten kann. „Es geht um die Zukunft Bayerns schlechthin“ lautete Hubers Top-Thema des Wahlkampfes.

Sicher teile er die Meinung seiner Generalsekretärin Christine Haderthauer: Kurt Beck betreibe „Heuchelei“, wenn er ein SED-Gefängnis besucht und auf der anderen Seite mit der Linkspartei „kungelt“. Und Maget? „Keine Abgrenzung zur kommunistischen Linken.“

Doch zurück zu den Gefahren: Auch die hohen Energiepreise könnten nur mit der von der CSU geforderten Wiedereinführung der Pendlerpauschale eingedämmt werden. Angst vor schlechter Konjunktur? Huber: „Die CSU ist die Stabilitätspartei.“

Aber es gibt auch unbequeme Themen: 50 plus „ein kleines X“ soll die CSU holen. Von einer Zweidrittel-Mehrheit wie zu Stoibers Zeiten ist nicht mehr die Rede. „50 bis 55 Prozent sind realistisch.“ Die „Wurschtigkeit“ des bürgerlichen Lagers sei ein Problem. Viele Stammwähler seien nach dem Riesen-Wahlsieg 2003 zu bequem zum Wählen geworden. „Ein Wachrütteln ist da schon noch notwendig.“

Über die Pannen, die er und Ministerpräsident Beckstein zu Beginn des Führungs-Tandems im Frühjahr hingelegt hatten, will Huber ungern sprechen. „Bis April haben uns die viele kleinen Ärgernisse unheimlich gepiesackt“, gibt er zu. Wird er denn zurücktreten, wenn die Wahlen im Herbst daneben gehen? Nein: „Ich bin auf zwei Jahre gewählt. Nach meiner Planung werde ich 2009 wieder kandidieren. Ich bin sehr zufrieden – auch mit dem inneren Zusammenhalt der Partei.“

Auf vier Auftritten will er die Botschaft vom bedrohten Bayern an diesem Tag noch unters Volk bringen. Bevor er in den Bus steigt, grübelt er über einen passenden Wahlslogan nach. „Ein schlingerndes Staats-Schiff – oder die CSU?“ wäre denkbar. Irgendwie ist an dem Niederbayer doch ein Seemann verloren gegangen.

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