Innenminister Herrmann zum Amoklauf
Mainz, München - Herrmann spricht mit ZDF-Moderatorin Dunja Hayali anderem über den Täter und seine Motive, die Opfer und Konsequenzen für die Zukunft.
Dunja Hayali: Was wissen Sie über den Täter, über das was wir schon wissen, hinaus?
Joachim Herrmann: Ein 17-jähriger Afghane, der vor etwa zwei Jahren wohl nach Deutschland gekommen ist, seit dem vergangenen Jahr als Asylbewerber registriert ist, seit etwa März im Landkreis Würzburg entsprechend in einem Heim untergebracht war, das speziell für solche sogenannten unbegleiteten Minderjährige, die also ohne Angehörige in unserem Land sind, verwendet wird, seit zwei Wochen in etwa bei einer Pflegefamilie, die sich um ihn speziell kümmern wollte. Das sind die momentanen Erkenntnisse über seinen bisherigen Werdegang, jedenfalls in Deutschland.
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Und war der 17-jährige unbegleitete Flüchtling ein Einzeltäter?
Nach momentanem Ermittlungsstand ja. Er war wohl, auch wenn es zunächst andere Angaben gab, nach jetzigen Ermittlungen, er war allein in dem Zug, er hat allein diese Taten begangen. Im Moment wird ermittelt, was die Motive sein könnten, welche Hintergründe es gab. Schon der erste Notruf aus dem Zug, der bei der Polizei-Einsatzzentrale eingegangen ist, hat beinhaltet, dass der Zeuge gesagt hatte, er hätte auch "Allahu akbar" dabei gerufen. Dem wird jetzt mit weiteren Zeugenaussagen nachgegangen. Bei der Durchsuchung seines Zimmers, in dem er zuletzt gewohnt hat, ist auch eine handgemalte IS-Flagge gefunden worden. Das muss jetzt alles entsprechend wie ein großes Mosaik zusammengefügt werden, wie hier entsprechend die Motivationslage aussah und inwieweit er wirklich dem islamistischen Bereich zuzurechnen ist oder inwieweit er sich in allerletzter Zeit selbst radikalisiert hat.
Wenn er, wenn das stimmen sollte, wirklich "Allahu akbar" gerufen haben sollte, dann würde das ja bedeuten "Gott ist groß". Würden Sie denn diese Tat dann tatsächlich als Terrorakt einordnen oder war es ein Amoklauf? Ich weiß, es ist früh, diese Fragen zu stellen, aber sie drängen sich auch auf.
Ja, in der Tat. Das sind aber die Fragen, die sich den ermittelnden Beamten in Würzburg jetzt auch stellen. Genau dem wird nachgegangen. Was war jetzt die Situation, was ist in diesem Mann, über den es zuvor jedenfalls seit seinem Aufenthalt hier in Deutschland keine besonderen Erkenntnisse gegeben hat, was ist da in den letzten Wochen oder Monaten passiert? Wie kam es jetzt zu dieser Tat? Wie sind mögliche Hintergründe? Das muss jetzt sorgfältig ermittelt werden. Das ist jetzt Thema der Kriminalpolizei vor Ort, des Landeskriminalamts, um das dann auch richtig einschätzen zu können. Wir gehen natürlich jedem Hinweis entsprechend nach. Im Moment glaube ich, würde ich mich jetzt aber noch nicht an irgendwelchen Spekulationen beteiligen, sondern sagen: Wollen wir doch, die Tat ist jetzt noch nicht einmal 12 Stunden her, wir wollen das alles sorgfältig ermitteln, damit man dann auch mit belastbaren Ergebnissen an die Öffentlichkeit treten kann.
Herr Innenminister, konnten Sie denn die Familie schon befragen, bei der der Flüchtling ja untergekommen sein soll?
Die Kriminalpolizei ist da vor Ort, bespricht das mit allen, die da im Umfeld tätig waren, in dem Heim, in der Wohnung, in der Pflegefamilie, das ist alles Gegenstand jetzt der Ermittlungen. Darüber hinaus will ich nur sagen, wir hoffen natürlich immer noch, dass die schwer verletzten überleben, es sind mindestens zwei lebensgefährlich verletzt. Ein Teil der Schwerverletzten stammt aus einer chinesischen Touristen-Familie, die zufällig in diesem Zug war. Ich möchte mich ausdrücklich bedanken bei den Einsatzkräften, Rettungskräften, die sehr schnell vor Ort waren, die die Schwerverletzten schnell ins Krankenhaus gebracht haben. Ich sage aber auch ausdrücklich ein Dankeschön an die Polizeibeamten, die hier sehr schnell reagiert haben. Es ist ja von dem Täter wohl noch eine Person in Heidingsfeld auf seinem Fluchtweg angegriffen und verletzt worden und es war dann schon wichtig, den Täter zu stoppen und zu verhindern, dass er noch andere Menschen angreift.
Herr Innenminister, der Angriff hat uns ja aber auch noch mal gezeigt, dass auch bei uns überall alles möglich ist. Welche Konsequenzen ziehen sie denn jetzt aus dem, was gestern passiert ist?
Auch das muss sorgfältig analysiert werden, es ist völlig klar, es kann nicht in jedem Eisenbahnwaggon in Deutschland ein Polizeibeamter präsent sein. Wir haben das Ziel, insgesamt die Polizeipräsenz in Deutschland weiter zu erhöhen. Wir müssen insgesamt unsere Polizei überall in Deutschland, auch bei uns in Bayern, weiter verstärken. Aber klar ist auch, jemand, der als Einzeltäter mit einem Beil oder Messer unterwegs ist, das kann Ihnen letztendlich an jeder Straßenecke theoretisch irgendwo in Deutschland passieren, in jedem Dorf. Eine hundertprozentige Sicherheit dagegen kann es nicht geben, das müssen wir, denke ich, uns selbst klar eingestehen. Trotzdem die Sicherheitsmaßnahmen insgesamt weiter zu verstärken und zu versuchen, das ist die Herausforderung für die Zukunft, ganz klar, alles dafür zu tun, um möglichst frühzeitig Menschen, die völlig aus dem Ruder laufen, auf die Spur zu kommen, um möglichst frühzeitig zu erkennen, ob jemand hier böse Absichten hat. Das muss das Ziel sein. Aber nochmal: Eine hundertprozentige Sicherheit werden wir hier nie garantieren können.
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