Griechenland-Entscheidung: Berlin dämpft Erwartungen
Berlin - Es sei nicht zu erwarten, dass bei dem Treffen von Regierungschef Antonis Samaras mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Freitag (24.8.) "die großen Weichen gestellt und die wesentlichen Entscheidungen gefällt werden", betonte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag.
Koalitionspolitiker hatten zuletzt wiederholt gefordert, das hoch verschuldete Land solle beim Verstoß gegen die Sparauflagen den Euroraum verlassen. Athen muss drastisch sparen, um im Gegenzug weitere Kredite der internationalen Helfer zu erhalten.
Der Bericht der "Troika" von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) über die jüngsten Fortschritte wird frühestens im September erwartet. Erst danach kann die nächste Tranche der Hilfsgelder freigegeben werden. Stoppen die Retter die Kreditversorgung, droht Athen die Staatspleite mit anschließendem Euro-Austritt.
"Die Basis für alle Entscheidungen für Griechenland liefert der Bericht der Troika, wenn er denn vorliegt, und zwar der ganze Bericht, keine Teilaspekte, keine Vorveröffentlichungen", betonte Regierungssprecher Seibert.
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hatte zuletzt in der "Tiroler Tageszeitung" betont, ein Euro-Austritt Athens sei nur ein Thema "im Fall einer totalen Verweigerung Griechenlands betreffend der Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen". Der luxemburgische Regierungschef hatte auch als erster EU-Spitzenpolitiker einen zeitlichen Aufschub bei den Auflagen für Athen in Spiel gebracht.
Außenminister Guido Westerwelle verwies am Montag nach einem Gespräch mit seinem griechischen Kollegen Dimitris Avramopoulos ebenfalls auf den Troika-Bericht: "Man urteilt erst, wenn man die Fakten kennt." Vorschnelle Schlüsse würden die Probleme nicht lösen.
Griechenland müsse seine Auflagen erfüllen, betonte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter, im Deutschlandfunk. "Wenn es Abweichungen gibt, müssen diese kompensiert werden." Spekulationen über einen erhöhten Finanzbedarf Griechenlands sind aus Sicht der EU-Kommission verfrüht, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag in Brüssel.
Samaras wird Berichten zufolge bei Merkel vor allem für eine Streckung der Auflagen um etwa zwei Jahre werben. Nach dem Gespräch mit der Kanzlerin trifft der griechische Premier auch Frankreichs Staatspräsident François Hollande in Paris.
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen sprach sich gegen ein Ausscheiden der Griechen aus der gemeinschaftlichen Währung aus. "Es wäre mit Wachstumseinbußen und höherer Arbeitslosigkeit verbunden und sehr teuer. In Griechenland, in ganz Europa und auch in Deutschland", sagte Asmussen der "Frankfurter Rundschau" (Montag). Die EZB fürchte eine Belastung anderer Krisenländer. Man solle nicht so tun, "als wüsste man mit Sicherheit, was beim Ausscheiden eines Landes am Tag danach passiert".