GPS-Armbänder für Sex-Täter?

Wirbel um einen Vorstoß aus München: Bayerns Justizministerin Beate Merk will verurteilte Pädophile auf Schritt und Tritt überwachen lassen.
von  Abendzeitung

Wirbel um einen Vorstoß aus München: Bayerns Justizministerin Beate Merk will verurteilte Pädophile auf Schritt und Tritt überwachen lassen.

MÜNCHEN Als Orientierungshilfe im Auto hat sich das satellitengestützte Navigationssystem GPS bewährt. Im bayerischen Justizministerium wird nun geprüft, ob man damit auch entlassene Sex-Täter überwachen kann. „Das Ganze klingt, als sei es mit unserem Verständnis von Menschenwürde nicht vereinbar“, warnt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD).

„Ziel ist nicht die Totalüberwachung“, sagt Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) im „Spiegel“. „Wir wollen nur besonders rückfallgefährdete Gruppen wie Pädophile von bestimmten Sicherheitszonen, etwa Kindergärten, fern halten.“ Angepeilt ist ein Elektro-Armband, versehen mit GPS. Der Träger wäre so jederzeit zu orten. Kommt er in die Nähe eines Kindergartens, löst das Gerät Alarm aus. „Sich hier Denkblockaden aufzuerlegen, würde dem Schutz der möglichen Opfer, vor allem der Kinder, auf gar keinen Fall gerecht.“

Widerstand in Berlin

Im Rahmen der Führungsaufsicht sei es möglich, auch nach der Entlassung Weisungen zu erteilen, etwa das Verbot, sich Spielplätzen zu nähern, so Merk. Über deren Einhaltung wachen derzeit Gerichte und Bewährungshelfer.

Zypries ist dennoch gegen die GPS-Überwachung: „Wenn jemand seine Strafe verbüßt hat, kann man schlecht sagen, das ist alles ganz schön, aber ich behalte dich trotzdem weiter unter Kontrolle.“ Anders verhalte es sich mit vorzeitig auf Bewährung entlassenen Sex-Tätern. Als Bewährungsauflage werde die elektronische Fußfessel in Hessen bereits erprobt. Habe ein Verurteilter seine Strafe aber abgesessen, „kann man das nur unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr regeln“. „Und wenn man Gefahrenabwehr macht, dann würde man, hoffe ich, zu anderen Maßnahmen greifen.“

Noch deutlicher wird die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). „Es ist unverhältnismäßig und mit der Menschenwürde nicht vereinbar, wenn Menschen, die ihre Strafe verbüßt haben, weiter unter Generalverdacht gestellt werden“, sagte sie der AZ.

Stigmatisierung befürchtet

Durch das – zumindest im Sommer – deutlich sichtbare Armband befürchten Experten eine Stigmatisierung der Täter und Probleme bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Leutheusser-Schnarrenberger: „Wenn ein Sexualstraftäter auch nach Absitzen seiner Strafe noch als potenziell gefährlich betrachtet wird, gibt es andere Maßnahmen, um die Allgemeinheit zu schützen, etwa die Sicherungsverwahrung.“

Die Bayern-SPD zweifelt an der Wirksamkeit der GPS-Ortung. „Nicht um Kindergärten besteht die größte Gefahr“, sagt Vize Florian Pronold. Wenn ein rückfälliger Straftäter „das Nachbarskind in die eigene Wohnung lockt, dann hilft leider das GPS-Armband auch nichts“. Laut Polizei-Statistik stammen 80 Prozent der verurteilten Kinderschänder aus dem Familien- oder Bekanntenkreis ihres Opfers.
nk

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