Ganz Bayern ein Raucherclub
MÜNCHEN - Auf dem Oktoberfest bleibt das Rauchen bis 2009 straffrei, in Nebenzimmern wird das Qualmen erlaubt, es soll keine bürokratischen Hemmnisse geben - das sind Becksteins goldene Raucherregeln.
Die Sensation ist perfekt! Nur knapp zwei Monate nach in Kraft treten der härtesten Nichtraucherschutzregelung der Republik, hebelt die CSU nun ihr eigenes Gesetz wieder aus – und macht damit quasi ganz Bayern zum Raucherclub.
In der Debatte ums Rauchverbot hat sich Ministerpräsident Günther Beckstein jetzt für eine Hintertürregelung ausgesprochen, die das Qualmen im Wirtshaus zwar verbietet, unter bestimmten Bedingungen aber weiterhin erlaubt: „Ich gehe davon aus, dass wir bis zum Herbst spanische Verhältnisse in Bayern haben werden“, sagte der Ministerpräsident zur AZ.
Jeder Stammtisch ein Verein
Konkret heißt das: Die CSU setzt auf Raucherclubs und will die Hürden dafür ganz niedrig halten. Jeder Stammtisch kann künftig ein Verein werden und im Nebenzimmer rauchen. Kleinen Lokale wird es leicht gemacht, sich als Raucherclub zu deklarieren.
Damit bekäme Bayern quasi eine Regelung wie in Spanien – auch wenn es über den Umweg „Verein“ geht. Auf der iberischen Halbinsel dürfen die Wirte von Einraumgaststätten selbst entscheiden, ob geraucht werden darf oder nicht. Doch Becksteins Raucher- Regeln machen auch vor dem Oktoberfest nicht halt. Wie die AZ erfuhr, konnten sich die Verhandlungsführer bereits vor dem Krisen-Gipfel, der gestern Nachmittag im Gesundheitsministerium stattfand, einigen.
Verboten, aber nicht sanktioniert
Rauchen bleibt demnach auf der Wiesn zwar grundsätzlich verboten, es werde aber in diesem und im nächsten Jahr „von Sanktionen noch freigestellt“. Erst 2010 müssen Raucher auf dem größten Volksfest der Welt mit Bußgeldern rechnen, wenn sie sich nicht von ihrem Glimmstängel im Zelt trennen können. Bis dahin müssen sich die Wiesn-Wirte etwas einfallen lassen.
Allerdings werden Münchens Wiesn-Wirte bereits heuer ihren Beitrag leisten. Beim Krisen-Gipfel erklärten sie sich bereit, keinen Tabak in ihren Bierzelten anzubieten: „Außerdem werden wir auf großen Schildern und in den Speisekarten auf das Rauchverbot hinweisen“, sagte Wiesn-Wirte-Sprecher Toni Roiderer, der sich für das spanische Modell ausgesprochen hatte. Auch Heinrich Kohlhuber vom Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur lobte diee Lösung: „Das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.“
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), warnte vor einer Lockerung des Verbots. Die geltende Regel sei „vorbildlich“ und dürfe nicht aufgeweicht werden.
A. Böhm, D. Aschoff