FDP-Politiker fordern Rücktritt: Aufstand gegen Guido
BERLIN - Die Ersten fordern seinen Rücktritt als Parteichef. Inzwischen müssen ihn sogar schon seine Kritiker gegen Angriffe verteidigen – während Westerwelle auf dem Balkan tourt. Wann stürzt er?
Das Ende ist eingeläutet für Guido Westerwelle: Kaum ist der Außenminister auf dem Balkan eingetroffen, begehrt daheim in Deutschland seine Truppe gegen ihn auf. Zum Rücktritt von der Parteispitze fordert ihn die Saar-FDP offen auf. Westerwelle soll sein Amt zur Verfügung stellen. „Ich bin der festen Überzeugung, dass dies ein notwendiger Schritt ist“, erklärt ihr Generalsekretär Rüdiger Linsler. Die Partei müsse jetzt die „Reißleine ziehen“. Er wünsche sich, „dass Guido Westerwelle dies selber erkennt, bevor der Schaden an der FDP noch größer wird“.
Mit diesem Wunsch steht Linsler nicht alleine da. Erst am Wochenende hatte der hessische FDP-Vorsitzende und Vize-Ministerpräsident Jörg Uwe Hahn Westerwelle aufgefordert, sich künftig lieber ganz auf das Amt des Außenministers zu konzentrieren.
Der Parteichef gilt inzwischen als Sündenbock für das dramatische Dahinsiechen der Liberalen. In knapp einem Jahr haben sie zehn Prozent verloren und müssen nach Umfragen fürchten, an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa: „So einen Absturz habe ich in meiner gesamten Laufbahn noch nicht erlebt.“
Dass es um Westerwelle schlimm steht, zeigt, dass nun sogar einer seiner größten Kritiker zur Verteidigung auffahren muss. Wolfgang Kubicki, Schleswig-Holsteins FDP-Chef, der sonst keine Gelegenheit auslässt, gegen den Vorsitzenden zu giften. Offensichtlich fürchtet er jetzt um die Partei: Die Probleme, die die FDP in Deutschland derzeit habe, seien nicht alleine auf Westerwelle zurückzuführen, bremst er die Revolte: „Wer das annimmt, der irrt.“ Und: „Ich kann den Frust verstehen, aber wöchentlich wiederkehrende Kritik bringt nichts.“
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle versuchte, die Kritiker zur Ordnung zu rufen: „Wir stehen ihn guten Zeiten zusammen und auch in schwierigen. Ohne Westerwelle hätten wir bei der letzten Wahl nicht fast 15 Prozent erreicht.“ Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow springt ihm bei. Die Kritik an Westerwelle sei „maßlos“. Die Partei habe ihm viel zu verdanken. Der thüringische FDP-Generalsekretär Patrick Kurth fordert ein Ende der öffentlichen Revolte: „Die Diskussion um die Eignung Westerwelles gehört nicht in die Öffentlichkeit.“
Hahn rudert inzwischen zurück, nennt seine Kritik an Westerwelle einen „freundschaftlichen Schubser“. bö
Herrscht bald das blonde „Bambi“ im sterbenden Wald der Liberalen?
Sein Spitzname ist „Bambi“. „Lesen Sie das Buch bis zum Schluss: Am Ende ist Bambi der Herrscher des Waldes“, zischt FDP-Generalsekretär Christian Lindner, wenn man ihn darauf anspricht. Schon bald könnte der 31-jährige Schnelldurchstarter aber der Herrscher der Liberalen werden – als Nachfolger von Guido Westerwelle.
Der smarte Nordrhein-Westfale mit dem großen Redetalent gilt in der FDP als „zweiter Westerwelle“. Der Spiegel nennt ihn den „besseren Guido“, die Zeit schwärmt von ihm als die „schöne Seite des Liberalismus“. Dabei hat der studierte Politikwissenschaftler außer einer rasanten Politkarriere bei der FDP nicht viel zu bieten. Vor allem, wenn es um seine unternehmerischen Fähigkeiten geht: In der Rekordzeit von 18 Monaten verbrannte eine von Lindner geführte Firma fast zwei Millionen Euro aus dem Topf der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Eine zweite Kölner Firma wurde ebenfalls mangels Aufträgen liquidiert. Seitdem macht Lindner nur noch Politik und kokettiert, er habe seine Niederlagen schon erlebt.
Auch politisch musste er gerade eine verdauen: Die Landtagswahl in NRW, bei der es nicht mehr für eine schwarz-gelbe Koalition reichte. Enttäuschungsfest war Lindner nicht: Da redete das Rhetorik-Wunder niemanden mehr schwindelig, sondern reagierte kleinlaut und weinerlich.
Schon während seines Studiums war er 2000 in den Landtag von NRW eingezogen. Erst vor einem Jahr wechselte er in den Bundestag. Dabei gibt der deutsche Jude Law auch privat gerne den starken Mann. Als Oberleutnant der Reserve geht er jedes Jahr für zwei Wochen auf Wehrübung. Lindner: „Andere machen Urlaub, ich leiste ein politisches Statement.“ bö