"Faktenzoom": Diese Politiker lügen am meisten

Kölner Studenten haben für ein Projekt die Aussagen von Politikern in Talkshows auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft. Die Studie ist zwar nicht repräsentativ, liefert aber dennoch interessante Ergebnisse - vor allem für die AfD.
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Viele Aussagen, die Politiker in den einschlägigen Talkshows treffen, stimmen - das ist auch ein Ergebnis der Projektes.
dpa/screenshot AZ Viele Aussagen, die Politiker in den einschlägigen Talkshows treffen, stimmen - das ist auch ein Ergebnis der Projektes.

Köln - Dass in Talkshows viel geredet wird, verrät schon der Name. Doch was da oft gesprochen wird, ist manchmal für den Zuschauer, der nicht in der Materie bewandert ist, schwer zu verstehen. Die anwesenden Politiker schmeißen mit Zahlen nur so um sich und diskutieren Fachfragen. Nachprüfen lässt sich das daheim auf dem Sofa oftmals nicht.

Doch genau das haben jetzt Nachwuchsjournalisten in Köln getan. In ihrem crossmedialen Projekt "Faktenzoom" (den Namen "Faktencheck" hat sich schon "Hart aber Fair" gesichert) haben die Studenten die Aussagen von Politikern in Talkshows überprüft.

Vier Monate lang jede Talkshow angeschaut

Dazu sahen sich die Studenten vier Monate lang die Polit-Shows "Maischberger", "Anne Will", Maybrit Illner" und "Hart aber Fair" an und schrieben jede getätigte Aussage der anwesenden Politiker mit. Im Anschluss recherchierten sie, was von den getroffenen Aussagen stimmt und was nicht.

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Sieben Politiker standen bei den Forschungen besonders im Fokus: Darunter bekannte Talkshow-Gesichter wie Katja Kipping (Die Linke), Frauke Petry (AfD), Markus Söder (CSU), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Thomas Opperman (SPD). Auswahlkriterium: Sie gehören relevanten Parteien in Deutschland an und sagen besonders viel in Talkshows.

Alle Parteien finden das Projekt gut - bis zur Veröffentlichung

Anhand eines Recherche-Leitfadens analysierten die Teams dann die gesammelten 702 Aussagen. Immer, wenn ein Politiker eine Tatsache behauptete, wurde sie in eine der folgenden Kategorien eingeordnet: "prüfbar", "Allgemeinwissen", "Binsenweisheit" und "nicht prüfbar". Nur Behauptungen, die prüfbar waren, wurden recherchiert.

Im Vorhinein schrieben die Studenten alle Parteien an, und von allen bekamen sie nur Lob für die Aktion. Die Pressestelle der AfD etwa schrieb, das Projekt "könne für mehr Transparenz sorgen und bewirken, dass Politiker aller Couleur mehr darauf achten, welche Inhalte sie verbreiten". Die SPD wiederum schrieb den Machern: "Der Faktencheck […] versachlicht die Debatte und trägt zur Wahrhaftigkeit bei."

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Das Projekt bekam Rückendeckung aller Parteien - bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse am Dienstag. Da schrieb die Bundessprecherin der AfD, Frauke Petry, einen beleidigten Facebook-Post: "Mischung aus Dummheit, Anmaßung und Gesinnungsstrebertum". "Wenn dies die Zukunft des deutschen Journalismus ist, dann sollte man sich noch ernsthaftere Sorgen um diese Branche machen als ohnehin schon."

 

 

Frauke Petry ist Spitzenreiter

Warum die Aufregung? Die Studenten wiesen bei rund einem Viertel der Aussagen von Frauke Petry nach, dass sie wenig mit der Wahrheit zu tun hatten (26,3 Prozent). Damit ist sie einsame Spitzenreiterin, auf Platz zwei folgt CSU-Mann Markus Söder.

Nur knapp die Hälte aller Aussagen konnten überhaupt überprüft werden. Binsenweisheiten oder Allgemeinwissen wurde nicht aufgenommen.  Foto: AZ-Screenshot

 

Der Spitzenreiter Armin Laschet reagierte im Übrigen durchaus erfreut - und kündigte sogar an, die "falschen" Aussagen selber nochmal überprüfen zu wollen.

 

 

 

Das Projekt ist keine wissenschaftliche Studie

Eines sei noch erwähnt: Die Studenten wollen den Politikern keine Lügen unterstellen, sondern lediglich aufzeigen, wie oft sie von den Fakten abweichen. Repräsentativ ist das Projekt ebenfalls nicht, dazu sind die Kriterien zu schwammig und der Zeitraum zu kurz. Daher wollen sie es auch nicht als Studie verstanden wissen, wissenschaftlich belastbar ist die Auswertung wenn überhaupt nur teilweise.

Dennoch aber ist das Projekt aufschlussreich. Denn es zeigt einerseits, dass "Mut zur Wahrheit" auch in Talkshows nicht immer einfach zu sein scheint. Und andererseits, dass doch vieles tatäschlich belegbar ist, was Politiker aller Parteien in den Talkrunden sagen.

Das ist vielleicht der größte Erkenntnisgewinn des Projekts.


Wer mehr über die Zahlen und das Prozedere lesen will, kann das hier tun.

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