Ex-Vorstände verweigern in BayernLB-Ausschuss Aussage

Es ist das erwartete kollektive Schweigen: Weil gegen sie ermittelt wird, blocken frühere BayernLB-Vorstände im Untersuchungsausschuss alle Fragen zum Milliardendesaster der Bank in Österreich ab.
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Hat heute einen unangenehmen Termin: Michael Kemmer, bis Dezember Landesbank-Chef, ist im Landtag vorgeladen.
AP Hat heute einen unangenehmen Termin: Michael Kemmer, bis Dezember Landesbank-Chef, ist im Landtag vorgeladen.

MÜNCHEN - Es ist das erwartete kollektive Schweigen: Weil gegen sie ermittelt wird, blocken frühere BayernLB-Vorstände im Untersuchungsausschuss alle Fragen zum Milliardendesaster der Bank in Österreich ab.

Im BayernLB-Untersuchungsausschuss des Landtags haben die früheren Spitzenmanager der Bank jegliche Aussage verweigert. Die Ex-BayernLB-Chefs Werner Schmidt und Michael Kemmer sowie die ehemaligen Vorstandsmitglieder Rudolf Hanisch und Ralph Schmidt verwiesen in der Sitzung am Donnerstag auf die gegen sie laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Gegen Werner Schmidt wird wegen des Verdachts auf Untreue und Bestechung ermittelt, gegen Kemmer wegen des Verdachts auf Amtsträgerbestechung und gegen Hanisch und Ralph Schmidt ebenfalls wegen Untreueverdachts. Ihr Schweigen stieß fraktionsübergreifend auf scharfe Kritik.

Der Untersuchungsausschuss soll klären, warum die BayernLB im Jahr 2007 mit Zustimmung des Verwaltungsrats die marode österreichische Bank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) kaufte. Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, dass dabei absichtlich ein zu hoher Kaufpreis gezahlt wurde. Unter dem Strich verlor die BayernLB bei dem Fehlkauf mehr als 3,7 Milliarden Euro. Werner Schmidt sagte vor dem Ausschuss über den damaligen Kauf der HGAA lediglich: „Das war aber keine Entscheidung von mir alleine, wie jeder weiß.“ Die Opposition wirft den CSU-Vertretern im Verwaltungsrat vor, damals nicht genau genug hingeschaut und damit eine Mitschuld an den Verlusten zu haben.

 Ausschuss-Chef Thomas Kreuzer kritisierte das Schweigen der Banker. Schließlich sei der Ausschuss gehalten, Aufklärungsarbeit zu leisten – im Interesse der Bevölkerung, die unter dem HGAA-Kauf zu leiden habe. „Deswegen kann es uns als Ausschuss nicht gefallen, wenn diese Aufklärungsarbeit erschwert wird“, sagte er. „Solche Vorgänge sind geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in staatliches Handeln insgesamt in Mitleidenschaft zu ziehen.“ Kreuzer kritisierte vor allem Werner Schmidt, der sich als einer der Hauptverantwortlichen „vom Acker“ mache und im Ausschuss nicht aussage. Zugleich kündigte er an, die Banker nach Abschluss der Ermittlungen erneut zu laden.

Der Vize-Vorsitzende Harald Güller (SPD) sagte, er habe rechtlich zwar Verständnis für das Schweigen. Sein politisches und persönliches Verständnis halte sich aber „in engen Grenzen“. Sepp Dürr (Grüne) sprach von einer Farce, Bernhard Pohl (Freie Wähler) sagte über die Sitzung: „Ich kam mir vor wie bei einer Karnevalsveranstaltung.“

Die früheren Bank-Chefs Werner Schmidt und Kemmer betonten, sie hätten großes Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts. „Gehen Sie davon aus, dass auch mir an der Aufklärung sehr viel gelegen ist“, sagte Schmidt. Kemmer sagte, er sei daran interessiert, zu Transparenz beizutragen und bat darum, sein Schweigen nicht als Missachtung des Parlaments und des Gremiums anzusehen. Beide Ex-Manager verwiesen aber auf die gegen sie laufenden Ermittlungsverfahren. Nach Paragraph 55 der Strafprozessordnung dürfen Zeugen die Aussage verweigern, um sich nicht selbst zu belasten. Das gilt übertragen auch in Untersuchungsausschüssen.

Ehemals führende CSU-Politiker, die einst im Verwaltungsrat saßen, müssen erst nach der Sommerpause im BayernLB-Ausschuss aussagen. Darunter sind unter anderem Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber, sein Nachfolger Günther Beckstein und die ehemaligen Minister Kurt Faltlhauser und Erwin Huber (alle CSU). Auch Ministerpräsident Horst Seehofer, Finanzminister Georg Fahrenschon (beide CSU), Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) und CSU-Fraktionschef Georg Schmid stehen auf der Liste der Zeugen. Wann sie aussagen sollen, will der Ausschuss aber erst nach der Sommerpause beschließen.

Die BayernLB war nach Milliardenbelastungen durch Fehlspekulationen auf dem US-Hypothekenmarkt durch das HGAA-Debakel erneut in die Krise geraten. Ende 2009 wurde die frühere österreichische Tochter nach einem dramatischen Tauziehen in letzter Minute an Österreich abgetreten. Kemmer musste wegen des Desasters seinen Posten räumen. Die Probleme mit der HGAA bescherten der BayernLB im vergangenen Jahr erneut Milliardenverluste. Auch am Sitz des Kärntner Instituts in Klagenfurt befassen sich ein Untersuchungsausschuss und die Staatsanwaltschaft mit den Vorgängen.

dpa

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