Etappensieg für Pendler

Der Bundesfinanzhof hat entschieden: Die gekürzte Pauschale ist verfassungswidrig – was Arbeitnehmer jetzt tun können. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
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Dieser Bäckermeister macht Millionen Deutsche froh: Heino Hambrecht hatte geklagt - und recht bekommen
dpa Dieser Bäckermeister macht Millionen Deutsche froh: Heino Hambrecht hatte geklagt - und recht bekommen

Der Bundesfinanzhof hat entschieden: Die gekürzte Pauschale ist verfassungswidrig – was Arbeitnehmer jetzt tun können. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

MÜNCHEN Millionen Pendler jubeln: Die neue Pendlerpauschale steht vor dem Aus! Der Bundesfinanzhof in München hat am Mittwoch entschied: Die Kürzungen sind verfassungswidrig. Seit 2007 dürfen Arbeitnehmer den Weg in die Arbeit erst ab dem 21. Kilometer steuerlich absetzen. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen:

Wie begründet der Bundesfinanzhof sein Urteil?

Für die Richter ist es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, dass die ersten 20 Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsstätte nicht mehr steuerlich abgesetzt werden können. Das sei eine Ungleichbehandlung von Nah- und Fernpendlern, sagte der Vorsitzende Hans-Joachim Kanzler. Wer nämlich über 21 Kilometer fährt, bekommt sehr wohl Geld – ungerecht, finden die Richter.

Auch das „Werkstorprinzip“, das dieser Regelung zugrunde liegt, ist nach Ansicht der Richter verfassungswidrig. Es besagt: Fahrten zur Arbeit – also zum Werkstor – sind Privatsache und damit nicht absetzbar. "Wir sind der Auffassung, dass Fahrten zur Arbeit beruflich veranlasst sind", erklärte Kanzler.

Wie geht es weiter?

Jetzt starren alle auf das Bundesverfassungsgericht. Es will im Laufe dieses Jahres endgültig entscheiden. Das Urteil des Bundesfinanzhofes ist zwar nur ein Etappensieg, aber auch ein starkes Signal an die Karlsruher Richter. "Wir hoffen, dass unsere Entscheidung das Bundesverfassungsgericht beeinflusst", sagte Kanzler.

Wird Karlsruhe die Pendlerpauschale kippen?

Die Steuerzahlerverbände glauben das: "15 Millionen Pendler blicken jetzt optimistisch nach Karlsruhe", sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Karl Heinz Däke. Das Bundesfinanzministerium zeigt sich aber auch siegessicher – dass die Kürzung bleibt: "Das Urteil ist nicht überzeugend", sagte ein Sprecher. Das Ministerium habe deshalb auch "keinen Plan B". Es geht fest davon aus, zu gewinnen. Auch die Bundesregierung erwartet, dass die neue Regelung "in Karlsruhe bestätigt wird".

Und wenn die Regierung doch verliert?

Dann müsste sie umdenken. Eine Möglichkeit wäre: Der Staat zahlt wieder von Anfang an, dafür aber weniger pro Kilometer. Diese Variante könnte durchgehen. Klagen gegen frühere Kürzungen der Sätze wurden abgewiesen. Auch Finanzhof-Richter Kanzler sagt: "Es wäre uns schwer gefallen, die Pauschale als verfassungswidrig einzustufen, wenn das Kilometergeld einfach gekürzt worden wäre." Die SPD schlug bereits vor: 20 bis 25 Cent pro Kilometer, dafür von Anfang an. Sinkt die Pauschale auf 25 Cent, bliebe laut Finanzministerium eine Lücke von 1,6 Milliarden Euro. Zum Ausgleich könnte der Arbeitnehmerpauschbetrag von 920 Euro um ein Drittel gesenkt werden. Zahlreiche Verbände forderten gestern allerdings die Rückkehr zur vollen Pauschale oder höhere Sätze.

Was können Pendler jetzt tun?

"Es gilt unverändert: Setzen Sie für 2007 und 2008 vom ersten Kilometer an die Entfernungspauschale an", sagt Lohnsteuer-Experte Uwe Rauhöft. Das Finanzministerium kündigte an, dass dies auf Wunsch auf der Lohnsteuerkarte weiter möglich sei. Wer die Pauschale mit der Steuererklärung abrechnet, kann dies auch für die volle Strecke tun.
Aber auch, wenn man die gekürzte Strecke angibt, bekommt man bei einem entsprechenden Urteil aus Karlsruhe sein Geld zurück, versprach feierlich Bayerns Finanzminister Erwin Huber: "Ich kann allen bayerischen Arbeitnehmern sagen, dass das Urteil automatisch umgesetzt wird. Alle Steuerveranlagungen sind vorläufig."
Wer jetzt schon wieder die volle Strecke berechnet, hat das Risiko, das Geld samt Zinsen zurückzahlen müssen, falls Karlsruhe die Kürzung doch erlaubt. Nach dem neuen Urteil des Bundesfinanzhofes wird das aber immer unwahrscheinlicher.
Thomas Gautier

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