»Die Wähler nicht täuschen«
Ex–SPD-Chef Hans-Jochen Vogel zum Wahlausgang in Hessen, zum Umgang mit der Linkspartei und über die Zeit nach der "Agenda 2010".
AZ: Was bedeutet das Hessen-Ergebnis für die SPD?
HANS-JOCHEN VOGEL: Es bedeutet eine starke Ermutigung, Sieben Prozent plus bei 12 Prozent minus für den Gegenkandidaten, das ist ein klares Signal. Es bedeutet zugleich eine Bestätigung für Kurt Beck. Und es bedeutet drittens, dass wir uns mit der PDS, die jetzt Linke heißt, stärker auseinandersetzen müssen.
Kann die SPD die Wähler der Linken wieder einfangen?
Wähler sind grundsätzlich nie verloren. Hier äußert sich auch ein Protestpotenzial, das Aufmerksamkeit sucht und deshalb eine Protestpartei wählt. Das ist korrigierbar mit realistischen Maßnahmen.
Wie sehen die aus?
Die Linke erhebt unrealistische Forderungen, die auf einen Austritt aus EU und Nato hinausliefen und die nicht finanzierbar sind. Eine Politik, die Menschen täuscht, kann nie SPD-Politik sein! Realistisch sind unsere Forderungen nach Mindestlohn, realistisch ist die Korrektur der ALG-I-Bezugsdauer für ältere Arbeitslose. Man muss auch nachdenken über die Höhe der Hartz-IV-Sätze.
Manche sprechen vom Ende der Agenda-Politik von Gerhard Schröder.
Dabei wird vergessen, dass die Agenda 2010 für günstige wirtschaftliche Entwicklung und den Abbau von Arbeitslosigkeit ursächlich ist.
Wie sollte Ihrer Meinung nach das hessische Patt aufgelöst werden?
Da habe ich aus der Ferne keine Ratschläge zu geben. Ich gebe aber zu bedenken, dass ohne eine Verständigung Koch geschäftsführend weiter regiert, und das wollen die Wähler bestimmt nicht.
Interview: Matthias Maus