Die Polizei klagt: Mehr Feind als Freund
Respekt gibt es nicht mehr: Der Alltag von deutschen Polizisten wird immer brutaler, denn es gibt immer mehr Gewalt und Übergriffe gegen Beamte. Das zeigt jetzt eine Studie.
Ob sie als Kind mit der Oma gekuschelt haben, oder vom Vater geschlagen wurden? Das wollten Bayerns Polizisten nicht beantworten. Vielleicht aus Furcht vor dem Motto: Einmal Opfer, immer Opfer. So wurde die bundesweite Studie ohne sie gemacht, die jetzt für Aufsehen sorgt. Ihr Ergebnis: Der Alltag deutscher Polizisten wird immer brutaler.
Die Gewalt gegen sie nimmt zu. Sie werden geschlagen und angepöbelt. Betroffen sind vor allem die Streifenbeamten. Am Donnerstag wollen sich die Innenminister auf ihrer Konferenz in Hamburg mit der Untersuchung beschäftigen, die Kriminologe Christian Pfeiffer am Mittwoch vorgestellt hat.
Mehr als 22 500 Polizisten aus zehn Bundesländern haben die umstrittenen Fragebögen ausgefüllt. Von 2005 bis 2009 ist die Zahl der schwerenÜbergriffe um rund 60 Prozent gestiegen. Die verletzten Beamten waren mindesten sieben Tage dienstunfähig. Mehr als 80 Prozent gaben an, 2009 beleidigt oder bedroht worden zu sein. Gestoßen und geschubst wurde die Hälfte. Mehr als ein Viertel bekam Faustschläge und Fußtritte. Gut 14 Prozent wurden mit einer Waffe oder einem gefährlichen Gegenstand bedroht.
„Opfer sind nicht die durchtrainierten Vorzeigepolizisten“, sagt Kriminologe Christian Pfeiffer. „Oft erwischt es Polizisten völlig unvermutet im alltäglichen Dienst.“ Meist sei Alkohol im Spiel. Das Täterbild: „Immer jünger, immer betrunkener“, sagt Pfeiffer. Und wenn es um polititische Dinge gehe, „immer linker“.
Harald Schneider, der bayerische Chef der Gewerkschaft der Polizei sieht längst eine „Verrohung der Gesellschaft“. Es sei „schick und in“, gegen die Polizei vorzugehen, klagt er. Früher sei es selbstverständlich gewesen, dass man die Polizei nicht angreift. Laut Polizeigewerkschaft werden bundesweit täglich zwei Beamte krankenhausreif geschlagen. In Bayern gab es im vergangen Jahr rund 3517 Gewalttaten gegen Polizisten. Innenminister Joachim Herrmann will da nicht tatenlos zusehen - und eine höhere Strafe bei Angriffen auf Polizisten. Die soll von zwei auf drei Jahre Haft angehoben werden.
Längst hat Bayern eine Bundesratsinitiative eingereicht. Aber es tut sich nichts. Die FDP blockiere den Schutz der Polizisten, giftet Herrmann. Das von Bayerns Ober-Liberaler Sabine Leutheusser- Schnarrenberger geführte Ressort habe bisher keine Vorlage für eine Gesetzesänderung präsentiert. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann übertrumpft Herrmann noch. Er will die Strafe auf vier Jahre erhöhen.
Die Gewerkschaft für Polizei will dabei den „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ in „tätliche Angriffe auf einen Vollzugsbeamten“ ändern. Bayerns Vize Peter Schall zur AZ: „Das Wort Widerstand ist ja inzwischen etwas Positives. Denken sie nur an Widerstand im Dritten Reich oder Widerstand gegen Kernenergie.“
bö
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