Der Sex-Wahlkampf von Berlin: Brust raus, Stimmen her

BERLIN - In Berlin betreibt Unions-Kandidatin Vera Lengsfeld Wahlkampf der etwas anzüglicheren Art ein. Die Parteiführung will die Sache herunterspielen. Doch die Linke steigt schon drauf ein – und plakatiert die passende Antwort.
Der Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg ist ohnehin Deutschlands ungewöhnlichster. Und jetzt kämpfen die Kandidaten auch noch mit vollem Körpereinsatz. Ein Plakat von CDU-Kandidatin Vera Lengsfeld sorgt für Aufsehen – und zwar vorwiegend wegen der unteren Hälfte. Dort sieht der Wähler Kanzlerin und Kandidatin tief ausgeschnitten, darüber der leicht anzügliche Spruch: „Wir haben mehr zu zu bieten.“
Die linke Seite des Plakats wird vielen bekannt vorkommen: Es zeigt Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem vieldiskutierten freizügigen Auftritt in der Osloer Oper im vergangenen Jahr. Lengsfeld ließ das Bild mit ihrem eigenen Foto zusammenmontieren, und fertig war der Wahlkampfknüller.
Die Kanzlerin selber wusste nichts: Lengsfeld sprach die Aktion nur mit ihrem engeren Umfeld ab, nicht aber mit der Parteizentrale – um sich die Aktion exklusiv zu sichern. Sonst, so Lengsfeld, „hätte es jeder haben wollen“. Probleme sieht sie daran keine: „Es war meine Idee. Es sollte eine Überraschung sein.“
Die ist offensichtlich gelungen. Die CDU-Führung wurde davon genau zum dem Zeitpunkt überrascht, an dem sie ihre großangelegte bundeseinheitliche Plakatkampagne vorstellte. Deren ähnlich klingendes Motto: „Wir haben die Kraft.“ Entsprechend schmallippig gab man sich gestern im Adenauer-Haus: Ja, man habe nichts davon gewusst. Nein, man wolle das nicht kommentieren. Schließlich handele es sich nur „um das Wahlplakat einer Kandidatin“.
"17000 Klicks an einem Tag"
Vera Lengsfeld ist dagegen ganz begeistert vom Echo ihrer Kampagne: „An nur einem Tag hatte ich 17000 Klicks auf meinem Wahl-Blog. Das hätte ich mit einem normalen Straßenwahlkampf nie erreicht.“
Wobei die Reaktionen im Blog durchaus gemischt sind: Von „Sexismus“ reden die einen, „sind Sie völlig verrückt geworden?“, fragt ein anderer. Und „ganz genial“ finden es manche auch.
So oder so: Das Poster belebt den Erststimmen-Wahlkampf in Kreuzberg, wo Vera Lengsfeld ohnehin auf besonderes Interesse stößt: Sie kam aus der Bürgerrechtsbewegung im Osten, ging zu den Grünen, wechselte dann zur CDU. Schlagzeilen gab es, als herauskam, dass ihr Ehemann sie für die Stasi bespitzelte. Doch sie dürfte kaum Chancen gegen Platzhirsch Hans-Christian Ströbele haben. Er hält den Wahlkreis als einziger direkt gewählter Abgeordneter der Grünen. Gegen ihn hat auch der SPD-Nachwuchsstar Björn Böhning wenig Chancen – ebenso wenig wie Linke-Politikerin Hanna Wawzyniak. Dabei setzt auch sie auf Sex-Wahlkampf und plakatiert ein in einer Jeans steckendes weibliches Hinterteil mit dem Slogan: „Mit Arsch in der Hose in den Bundestag.“
mue