Der neue Raucherkrieg
Der große Raucher-Krieg, nächste Runde: Nach dem Urteil aus Karlsruhe geht die Debatte von vorne los. Braucht es ein bundeseinheitliches Raucher-Gesetz? Wenn ja, was für eines? Das wird besonders in Bayern mit Spannung verfolgt. Die wichtigsten Fragen.
Kommt jetzt eine deutschlandweite Lösung?
Von Berlin aus jedenfalls nicht: Vizeregierungssprecher Thomas Steg sagte gestern, der Bund sehe sich nicht in der Lage, ein einheitliches Rauchverbot durchzusetzen. Eine „intensive juristische Prüfung“ habe ergeben, dass das Gaststättenrecht Ländersache sei. Politiker von SPD und Grünen sagten aber, dass man das Verbot auch einfach wie andere EU-Länder über das Arbeitnehmerschutzgesetz erlassen könnte – Kellner müssen vor Rauch geschützt werden. Steg ging darauf nicht ein: Jetzt müssten sich die Länder einigen. Das wollen die meisten Ministerpräsidenten auch versuchen: Ein erstes Treffen soll noch im August stattfinden, wurde gestern bekannt.
Wer sperrt sich in den Ländern?
Vor allem Bayern. Die Staatskanzlei fürchtet, dass das strenge Raucherrecht im Freistaat bei einer Einheitslösung nicht zu halten ist. Ministerpräsident Beckstein am Montag: „Es ist kein Unglück, wenn in Bayern was anderes gilt als in Schleswig-Holstein.“ Widerstand kommt auch von der FDP: Sie fürchtet, dass dann alle Länder das bayerische Modell übernehmen.
Was wollen die Bürger?
Sehr deutliche 81 Prozent wünschen sich ein bundeseinheitliches Recht – aber schon bei der Frage, was denn drinstehen soll, spaltet sich die Meinung wieder: Ein knappes Viertel will ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie, ein weiteres knappes Viertel eine generelle Raucherlaubnis – gut die Hälfte ist für sinnvolle Ausnahmen.
Wie könnte das neue Recht aussehen?
Karlsruhe hat zwei Alternativen offen gelassen: Totalverbot oder eine gerechte Ausnahmeregelung. Bis dahin gilt überall (bis auf Bayern): Rauchen ist in kleinen Einraumkneipen in der Regel erlaubt. Doch nun tauchen wieder die heiklen Fragen auf – die schon bei der letzten Raucher-Debatte im Fokus standen und auch aktuell von jedem Bundesland anders geregelt werden: Was ist eine „kleine“ Kneipe – unter 75 oder unter 100 Quadratmetern? Darf nur der Inhaber selbst bedienen oder auch Angestellte? Gilt das nur für reine „Trinkkneipen“? Oder darf es warme, selbst gekochte Speisen geben? Oder nur Knabberzeug? Oder gar nichts? Rheinland-Pfalz hat erst gestern wieder sein Regelwerk in all diesen Punkten geändert.
Was heißt das für Bayern?
Auch über die auf dem Papier sehr strikte bayerische Sonderregelung werden die Karlsruher Richter noch gesondert urteilen – womöglich laut „Focus“ noch im September. Zwar haben sie ein tatsächliches Totalverbot für zulässig erklärt. Doch bei dem Urteil über die anderen Länder störten sich die Verfassungshüter an ungerechten Ausnahmen – und die könnten sie in Bayern eventuell auch sehen: vor allem in den mittlerweile 8000 Raucherclubs, die sich eher willkürlich organisieren, oder auch in den Ausnahmen für Zelte und Außengastronomie. Kippt das bayerische Recht in Karlsruhe ebenfalls (und dann sind auch die Landtagswahlen vorbei), könnten die Freistaat-Regenten sich offener für eine Bundes-Lösung zeigen. Wie auch immer die aussieht. tan