Der dritte Versuch: Österreich wählt Bundespräsidenten

EU-Kritiker oder Europafreund, Rechtspopulist oder ehemaliger Grünen-Chef: In Österreich haben am Sonntagmorgen die Wahlurnen geöffnet. Im dritten Anlauf soll ein neues Staatsoberhaupt gewählt werden. Das Ergebnis stellt Weichen für die Regierungsbildung - und womöglich auch für Wahlen im Rest Europas.
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Ob Alexander Van der Bellen (l) oder Norbert Hofer (r) österreichischer Bundespräsident wird, soll sich im dritten Anlauf entscheiden.
dpa Ob Alexander Van der Bellen (l) oder Norbert Hofer (r) österreichischer Bundespräsident wird, soll sich im dritten Anlauf entscheiden.

Wien - In Österreich hat die Wahl des Bundespräsidenten begonnen. 6,4 Millionen Wähler müssen sich zwischen dem FPÖ-Kandidaten Nobert Hofer (45) und dem ehemaligen Grünen-Chef Alexander Van der Bellen entscheiden (72). Die ersten Wahllokale schließen um 13.00 Uhr. Genereller Wahlschluss ist um 17.00 Uhr. Gegen 17.15 Uhr wird eine erste Hochrechnung erwartet.

Sollte es ein knappes Rennen zwischen den beiden Bewerbern geben, wird der Sieger erst nach Auszählung der Briefwahlstimmen feststehen. Die erfolgt am Montag. Die international stark beachtete Wahl wird zeigen, ob die Rechtspopulisten ihren europaweiten Höhenflug fortsetzen können.

Erstmals wird ein Politiker aus den Reihen der Opposition zum Staatschef erkoren. Der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer (45) hat zudem gute Chancen, erster Rechtspopulist an der Spitze eines Staates in Westeuropa zu werden. Laut Umfragen dürfte das Ergebnis wieder knapp ausfallen.

Was das Ergebnis für Europa bedeutet

Ein Sieg Hofers könnte den EU-kritischen Populisten bei den bevorstehenden Wahlen in Frankreich und Deutschland Auftrieb geben. Seine guten Erfolgschancen sind auch der Grund für das enorme internationale Interesse. Nach Angaben des Innenministeriums vom Samstag haben sich 765 Journalisten, Fotografen und TV-Teams aus aller Welt zur Berichterstattung angemeldet.

Hofer als Budnespräsident: Droht der Öxit?

Der Bundespräsident kann in Österreich zumindest auf dem Papier einen erheblichen Einfluss auch auf die Tagespolitik nehmen. So kann er die Regierung entlassen und die Vereidigung eines Kabinetts oder einzelner Minister verweigern. Die Wahl gilt dementsprechend als Weichenstellung für eine künftige Regierungsbeteiligung der zuwanderungs- und EU-kritischen FPÖ. Sie ist die aktuell populärste politische Kraft in Österreich.

Schlampereien bei der ersten Stichwahl

Die erste Stichwahl am 22. Mai hatte Van der Bellen mit knapp 31 000 Stimmen Vorsprung hauchdünn gewonnen. Dieses Votum wurde vom Verfassungsgerichtshof wegen organisatorischer Schlampereien bei der Auszählung der Briefwahlstimmen annulliert. Nach einer erneuten Verschiebung des ursprünglichen Wahltermins am 2. Oktober wegen Problemen mit den Briefwahl-Kuverts soll nun endlich über die Neubesetzung des höchsten Staatsamts entschieden werden.

Die Wahlbeteiligung lag am 22. Mai bei 72,7 Prozent. Alle Prognosen gehen davon aus, dass die Motivation der 6,4 Millionen Wahlberechtigten gesunken ist. Ein erstes Anzeichen für ein geringeres Wahlinteresse könnte der Rückgang der Anzahl der Briefwähler um rund 20 Prozent sein. Hatten für den 22. Mai noch rund 885 000 Bürger eine entsprechende Wahlkarte bestellt, sind es nun nur noch 708 000.

Auch Günther Beckstein würde diese Wahl boykottieren

Der fast einjährige Wahlkampf und die vielen organisatorischen Pannen haben erhebliche Spuren in der politischen Kultur des Landes hinterlassen. So lieferten sich die Kandidaten in mindestens zwei TV-Duellen eine wenig staatsmännische Redeschlacht. In der letzten TV-Debatte im ORF drei Tage vor der Wahl hagelte es gegenseitige Lügen-Vorwürfe. Das Medienecho darauf fiel teils verheerend aus.

Der Fahrplan nach der Wahl

Wenn die Wahlschlacht geschlagen ist, wird Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) das vorläufige Ergebnis verkünden. Einen amtlichen Charakter bekommt das Resultat erst mit der Sitzung der Wahlkommission am 15. Dezember. Von diesem Zeitpunkt an läuft die einwöchige Frist für eine etwaige Anfechtung der Wahl.

Heftig und emotional dabattierten die beiden Kontrahenten im letzten Fernseh-Duell

Sollte die Wahl diesmal nicht beanstandet werden, wird der neue Bundespräsident am 26. Januar als achtes gewähltes Staatsoberhaupt Österreichs seit 1945 vereidigt. Der alte Bundespräsident Heinz Fischer war am 8. Juli 2016 ausgeschieden. Seitdem hatte das dreiköpfige Nationalratspräsidium die Amtsgeschäfte des Staatsoberhaupts übernommen. Ein Ereignis fällt in diesem Jahr aber aus: Die Neujahrsansprache des Bundespräsidenten.

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