Debatte über den Etat des Kanzleramts: „Klarheit und Wahrheit“
Über den Etat wollte der Bundestag reden. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel schweift ab. Das Thema Missbrauch ist für kurze Zeit noch wichtiger als die Debatte über den Etat des Kanzleramts.
BERLIN Haushaltsdebatte über den Etat des Kanzleramts: Das ist der traditionelle Schauplatz für die Generalabrechnung der Opposition mit dem Regierungsbündnis. Doch gestern nimmt die Sitzung im Bundestag einen etwas anderen Verlauf: Das Thema Missbrauch ist für kurze Zeit noch wichtiger als alles andere.
Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst sorgt für Aufsehen, als sie völlig abschweift von allen Haushaltsthemen und über den Missbrauchsskandal in kirchlichen und schulischen Einrichtungen spricht. „Es gibt nur eine Möglichkeit, dass unsere Gesellschaft mit diesen Fällen klar kommt, und das heißt Wahrheit und Klarheit über alles, was passiert ist“, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im Plenum wird es ganz leise, als Bundeskanzlerin Angela Merkel von einer „Bewährungsprobe für unsere ganze Gesellschaft“ spricht. Und davon, nun müssten die Betroffenen „wenigstens das Stück Wiedergutmachung bekommen, was man im Nachhinein noch schaffen kann“.
Doch darüber, wie sich die Politik in die Aufklärung der Kirchenaffären einschalten soll, wird hinter den Kulissen gerungen. Die kirchenkritische Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt und sich mit dem Vorsitzenden der katholischen Bischöfe, Robert Zollitsch, angelegt. Ursprünglich wollte sie mit einem eigenen „Runden Tisch“ die Missbrauchsfälle aufklären. Nun aber soll sie das gemeinsam mit zwei anderen betroffenen Ministerinnen tun: Kristina Schröder (Familie) und Annette Schavan (Bildung).
Denn in der Union wächst die Sorge, dass die katholische Kirche zu isoliert an den Pranger kommen könnte. So warnt auch Fraktionschef Volker Kauder den Bundestag vor einer Abrechnung mit der Kirche: „Das werden wir nicht zulassen.“ Aus der anderen Richtung drängeln dagegen die Grünen. Fraktionschefin Renate Künast verlangt einen Entschädigungsfonds für Opfer: „Es sind die Kinder, die den besonderen Schutz der Gesellschaft brauchen, und nicht der Papst.“mue