„CSU trifft Hoeneß" - Wie sie vom FC Bayern lernen will
MÜNCHEN/KREUTH - Bei ihrer Klausur in Kreuth bieten die Schwarzen die große Show: mit Bayern-Präsident Uli Hoeneß als Stargast und einem Elektro-Mini als Ablenkungs-Manöver. Sie setzen weiter auf Atomkraftwerke.
Sogar einen eigenen Fan-Schal hat die CSU für ihre Parteispitze anfertigen lassen. Auf weiß-grauer Wolle mit weißen Fransen steht in großen blauen Lettern: „CSU trifft Hoeneß.“ Horst Seehofer und seine rund 50 Vorstandsmitglieder sollten sich das Teil in Kreuth um den Hals schlingen und die sonst üblichen Querschüsse gegen die Berliner Koalitionspartner lassen. Stattdessen war ein Freundschaftsspiel angesagt. Generalsekretär Alexander Dobrindt: „Zwei Spitzenvereine treffen aufeinander.“
Während der eine gegen den Abstieg kämpft, ist der andere derzeit auf Erfolgskurs in der Champions League. Wie man auch nach schweren Niederlagen und Krisen immer wieder zum Erfolg zurückfindet, das wollten die Schwarzen auf ihrer Klausur vom Präsidenten des deutschen Fußball-Rekordmeister, Uli Hoeneß hören. Seehofer: „Wir können uns viel vom FC Bayern abschauen.“ Vor allem interessierte ihn, wie man eine Herde von „Alpha-Tieren“ zu einem Team zusammenstellt und so führen kann, dass es keine Machtkämpfe gibt.
Eine kleine Bühne hatte die CSU dafür extra in Kreuth aufgebaut: für ein Frage- und Antwortspiel. Oben sitzen Seehofer und Hoeneß, eingerahmt von den Generalsekretären Dobrindt und Dorothee Bär, die die Moderatoren spielen. Unten in den Zuschauerreihen haben sich tatsächlich einige den Fan-Schal umgelegt.
Zusammenstehen! Leistung bringen! Geschlossenheit! Alle mitnehmen! Sich um alle kümmern! Das sind die Schlagworte, die Hoeneß den Schwarzen einbläut: „Ich bin kein Besserwisser, sondern ein Bessermacher.“ Vor allem aber sollten sie nicht immer alle Interna an die Presse „durchstechen“. Hoeneß: „Bei uns halten alle dicht. Da geht nichts raus, wenn wir eine Fehlentscheidung getroffen haben.“ Das ist ganz nach dem Geschmack von Horst Seehofer. Der nickt, ist neben Hoeneß nur noch Statist, bleibt fast zwei Stunden lang stumm. Auch als ihm der Bayern-Boss die Messlatte besonders hoch legt: „Ich bin überzeugt, die CSU wird die 55 Prozent wieder schaffen.“
In den Zuschauerreihen grinst da einer in sich hinein, der CSU-Ehrenvorsitzende, Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber. Die Politik-Diskussion hatte ihn nicht interessiert. Er war nur zum Kamingespräch mit Hoeneß gekommen. Von dem wollten die Vorständler am Ende dann doch mehr über den FC Bayern wissen. Ob Franck Ribéry bleibt? Da habe er große Hoffnung, verriet der Präsident. Wie die Champions League am Mittwoch gegen Lyon ausgehen wird? „Lyon werden wir packen“, da gibt’s für Hoeneß keine Zweifel. Aber danach: Im Endspiel rechnet er mit Barcelona. „Das wird ganz, ganz schwer werden.“ Zum Abschied bekam er einen CSU-Wimpel von Seehofer überreicht: „Leider ist er ein bisserl schlicht.“ Hoeneß: „Solche verteilen wir bei Pokalspielen.“ Bekanntlich muss man sich da am Anfang mit Amateuren rumschlagen.
Schöne Bilder wollte die CSU aus Kreuth in die Republik funken. Im Ausblick auf die Schicksalswahl am 9.Mai in Nordrhein-Westfalen. Niemand sollte sie zum Sündenbock machen können, wenn Schwarz-Gelb verliert. So faltete sich Seehofer auch noch in einen Elektro-Mini, um die Umweltfreundlichkeit seiner Politik zu demonstrieren. Alles nur Show. Dabei hatte der Parteivorstand zuvor beschlossen, die Atomkraftwerke so lange am Netz zu lassen wie es nur geht. Angela Böhm