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1000 Peitschenhiebe erhält der saudi-arabische Blogger Raif Badawi, weil er angeblich den Islam beleidigt hat. Die Bundesregierung schweigt. Ein Kommentar.
Timo Lokoschat |
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Das Bild ist verschwommen, denn es ist heimlich entstanden. Filmaufnahmen und Fotos sind bei der öffentlichen
Auspeitschung von Raif Badawi streng verboten. Pressefreiheit gibt es in Saudi-Arabien nicht.
privat Das Bild ist verschwommen, denn es ist heimlich entstanden. Filmaufnahmen und Fotos sind bei der öffentlichen Auspeitschung von Raif Badawi streng verboten. Pressefreiheit gibt es in Saudi-Arabien nicht.

1000 Peitschenhiebe erhält der saudi-arabische Blogger Raif Badawi, weil er angeblich den Islam beleidigt hat. Diesen Freitag bekommt er wohl eine erneute Schonfrist. Die Bundesregierung schweigt – und macht Geschäfte.

Diese Geschichte kommt Ihnen bekommt vor? Sie haben Recht: Am vergangenen Freitag berichteten wir schon einmal über die öffentliche Folterung des Bloggers Raif Badawi. Wir tun es heute erneut. Und wir werden es wieder tun. Nächsten Freitag. Und übernächsten. Und überübernächsten. Denn am Ende jeder Woche soll Badawi jeweils 50 Peitschenhiebe erhalten. Immer wieder. Bis die Tausend voll sind. Mediziner befürchten, dass er die Prozedur nicht überlebt.

Letzte Woche musste sie ausgesetzt werden, weil die Wunden zu klaffend waren. Diese Woche erhält Badawi eine erneute Schonfrist - möglicherweise spielt der Tod von König Abdullah eine Rolle. Das Perverse: Der Blogger wird von Medizinern aufgepäppelt, um fit für die nächste Tortur zu sein. Sein Vergehen: Die Behauptung, Christentum, Judentum und Bekenntnisfreiheit seien als dem Islam gleichwertig einzustufen.

Seine Familie – Badawi hat drei kleine Kinder – fordert Gnade vom saudischen Königshaus. Doch das bleibt bislang stur, will an dem liberalen Blogger ein Exempel statuieren.

Ein offizieller Verbündeter des Westens

Unterstützung erhalten die Angehörigen weltweit von Menschenrechtsaktivisten, unter anderem von Amnesty International. Kritik gab es zuletzt am FC Bayern, der ein Testspiel in Riad absolvierte, sich für die Gastfreundlichkeit bedankte und kein Wort über die massiven Menschenrechtsverletzungen verlor. Keine Frage: Der Sport hat auch politische Macht, die er ruhig öfter einsetzen könnte. Das hat Karl-Heinz Rummenigge gestern selbstkritisch eingeräumt.

Andererseits: Kann man von einem Fußballverein das verlangen, was eine Regierung nicht zustande bringt? Der FC Bayern hat keinen offiziellen Schurkenstaat besucht, sondern einen der engsten Verbündeten des Westens, einen angeblichen „Stabilitätsanker“ der Region.

Finanzier islamistischer Terroristen

Dazu passt, dass sich die deutsche Bundesregierung bis heute nicht zum Fall Badawi geäußert hat. Am Samstag besucht der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) Saudi-Arabien, im März sein Parteikollege und Vizekanzler Sigmar Gabriel.

Es sind Wirtschaftsbesuche. Das ölreiche Land gehört zu den größten Abnehmern deutscher Waffen, gibt dafür jedes Jahr über eine Milliarde aus. Dass das Regime im Verdacht steht, zu den Finanziers islamistischer Terroristen zu gehören, wird ignoriert.

Grüne und Linke fordern von Gabriel, sich für die Freilassung Badawis einzusetzen, der auch zu zehn Jahren Haft verurteilt worden ist. Was am Ende herauskommt, lässt sich erahnen. Ein Sprecher Gabriels wird betonen, dass „der Minister natürlich auch über Menschenrechtsfragen gesprochen“ habe. Das macht sicher mächtig Eindruck – vor allem, wenn gleichzeitig millionenschwere Verträge mit dem Regime unterzeichnet worden sind.

Das peitscht weiterhin Andersdenkende aus, amputiert Füße und Hände, entfernt Augen, durchtrennt das Rückenmark, erhängt Homosexuelle, köpft Ehebrecher, Gotteslästerer und „Hexen“.

Mehr am nächsten Freitag.

Timo Lokoschat

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