300 Euro für Steuermuffel: Das Steuer-Zuckerl der SPD

Die SPD startet mit jeder Menge Versprechungen in den Wahlkampf: Sie will Familien mit Kindern und die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen bei der Steuer deutlich entlasten, Spitzenverdiener dagegen stärker zur Kasse bitten. Und: Arbeitnehmer, die auf die Steuererklärung verzichten, sollen vom Staat mit Bargeld belohnt werden.
von  Abendzeitung
Die SPD verspricht einen Bonus für Steuermuffel.
Die SPD verspricht einen Bonus für Steuermuffel. © dpa

BERLIN - Die SPD startet mit jeder Menge Versprechungen in den Wahlkampf: Sie will Familien mit Kindern und die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen bei der Steuer deutlich entlasten, Spitzenverdiener dagegen stärker zur Kasse bitten. Und: Arbeitnehmer, die auf die Steuererklärung verzichten, sollen vom Staat mit Bargeld belohnt werden.

Auf in Kampf: Fünf Monate vor der Wahl bläst die SPD zur Aufholjagd auf die Union. 55 Seiten dick ist der Entwurf des Regierungsprogramms, das die Gremien am Samstag verabschieden sollen. Vom Mindestlohn bis zum Abzug der in Deutschland gelagerten US-Atomwaffen reicht der Wunschzettel der Genossen. Dazu kommt der jüngste Coup aus der „Nordkurve“ des Willy-Brandt-Hauses, wo die Wahlkämpfer werkeln: ein Steuerbonus für Gering- und Durchschnittsverdiener.

Was steckt hinter dem Lohnsteuerbonus?

Alle Steuerzahler, die neben ihrem Lohn keine weiteren Einkünfte haben, sollen nach dem Willen der SPD künftig 300 Euro (Verheiratete 600 Euro) erhalten, sofern sie per Postkarte an das Finanzamt auf die Abgabe einer Steuererklärung verzichten. Nur wer Einkünfte aus Vermietungen oder anderen Quellen bezieht, muss auch weiter die Steuererklärung abgeben. Kosten: drei Milliarden Euro. Finanzieren wollen die Genossen diese Summe mit einer Börsenumsatzsteuer von bis zu 1,5 Prozent des Kurswertes auf Wertpapiergeschäfte ab einem Umsatz von 1000 Euro.

Was sagt die politische Konkurrenz zu dem Vorschlag?

Von Union, FDP und Linken kam ein lautes Nein. Von der „schlimmsten Form der Abzocke“ sprach CSU-Mittelständler Hans Michelbach: „Den Arbeitnehmern wird ein Schnäppchen vorgegaukelt, damit sie zugreifen und möglicherweise höhere Steuerrückzahlungen verfallen lassen.“ Selbst die Grünen gingen auf Distanz zum Wunschpartner: Spitzenkandidat Jürgen Trittin kritisierte das „teure Steuergeschenk“.

Der Bund der Steuerzahler spricht von "populistischem Wahlkampfgetöse"

Was halten Experten von dem Vorhaben?

Der Bund der Steuerzahler warf der SPD „populistisches Wahlkampfgetöse“ vor: Der Staat könne sich nicht mit einer Prämie von seiner Pflicht freikaufen, Steuern zu prüfen und gegebenenfalls zurückzuzahlen. Ob ein Steuerzahler geprüft werde, dürfe nicht von der zu zahlenden Summe abhängen. Die Finanzämter würden nur sehr bedingt entlastet, sagte der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft Dieter Ondracek: „Viele Steuerzahler, die bisher keine Steuererklärung abgegeben haben, würden dann versuchen, 300 Euro zu bekommen. Das würde die Arbeitsentlastung wieder auffressen."

Was steht noch im SPD-Programm?

Die SPD will vor allem den Gutbetuchten an den Kragen: So soll die Reichensteuer von derzeit 45 auf 47 Prozent erhöht werden und bereits ab einem Einkommen von 125000 Euro für Alleinstehende und 250000 für Verheiratete erhoben werden. Die erwarteten Mehreinnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro sollen komplett in Bildung und Forschung investiert werden. Der Eingangssteuersatz soll im Gegenzug von derzeit 14 Prozent auf zehn Prozent gesenkt werden – er soll bei Ledigen bis 52882 Euro Jahreseinkommen und bei Verheirateten bis 105764 Euro greifen. Zudem will die SPD den Kinderfreibetrag ab dem Jahr 2010 um 200 Euro pro Kind erhöhen. Derzeit beträgt er 3864 Euro.

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