Tankstellen legen sich selber trocken
Schluss mit dem Tankstellen-Verkauf von Alkohol an Minderjährige: Nachdem das Jugendschutzgesetz nicht greift, soll eine Selbstverpflichtungs-Aktion den Verkauf von Bier und Schnaps an Jugendliche eindämmen.
BERLIN Die Szene spielt sich Nacht für Nacht überall in Deutschland ab: Eine Gruppe Jugendliche stürmt eine Tankstelle, um sich vor einer Party oder einem Disco-Besuch mit Bier oder Wodka einzudecken. Niemand fragt danach, wie alt sie sind – das Jugendschutzgesetz, das den Verkauf an unter 16-Jährige (Bier) oder unter 18-Jährige (Spirituosen) verbietet, interessiert niemanden. Doch damit soll jetzt Schluss sein.
Der Bundesverband Tankstellen hat sich deswegen eine Selbstverpflichtung auferlegt. Danach sollen flächendeckend an allen Tankstellen Jugendliche bis zu einem geschätzten Alter von 25 Jahren nach ihrem Ausweis gefragt werden, wenn sie Bier oder Schnaps kaufen wollen.
„Wirkungsvoll und mutig“
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), begrüßt den Aktionsplan als „wirkungsvoll und mutig“. Sie hofft auf eine Komplett-Umsetzung bis Jahresende.
Grüne, Suchtexperten und Kinderhilfe zweifeln am Nutzen der Selbstverpflichtung und fordern Verkaufsverbote oder höhere Bußgelder.
Dabei scheinen es die Tankstellen ernst zu meinen. So kündigte Karl-Friedrich Lihra, Vorstand des Bundesverbandes, an, dass die Mitarbeiter der 15000 Tankstellen eine Online-Schulung zum Jugendschutz erhalten sollen. Vielen Angestellten falle es nämlich schwer, „Nein“ zu sagen.
Weitere Maßnahmen
Außerdem sollen künftig vermehrt Kassencomputer das Personal warnen, wenn Alkohol oder Zigaretten über den Ladentisch gehen sollten.
Doch auch noch an andere Maßnahmen ist gedacht: Unter anderem Flutlicht soll Lärm und Trinkerei bei Tankstellen an Brennpunkten oder in Disco-Nähe eindämmen. Der Zentralverband des Tankstellengewerbes schloss auch einzelne freiwillige Alkohol- Verkaufsverbote nicht aus. In Tankstellen in Disco-Nähe kaufen sich vor allem nach 22 Uhr junge Menschen den hier billigeren Alkohol.
Der Vorstandschef des Mineralölwirtschaftsverbands, Uwe Franke, appellierte an die Pächter, die Vorhaben auch umzusetzen: „Wenn nichts geschieht, wird es zu Verboten von Verkäufen kommen.“ Die Tankstellen-Shops erzielen laut Branche rund ein Drittel des Bruttoverdiensts mit Getränken.