Amokläufer von Graz: Wer war der Täter?
Der Amokläufer von Graz war laut Polizei ein leidenschaftlicher Spieler von Ego-Shooter-Spielen. Er sei ein sehr introvertierter Mensch gewesen, der sehr zurückgezogen gelebt habe, sagte der Leiter des Landeskriminalamts Steiermark, Michael Lohnegger. Alle bisher ausgewerteten Unterlagen gäben weiterhin keinen Hinweis auf ein Motiv.
Zu den meisten Opfern habe der Täter keine nahe Beziehung aus seiner Schulzeit gehabt. Nur die getötete Lehrerin habe ihn unterrichtet, hieß es. Der Amokschütze hatte die 5. und 6. Klasse des Gymnasiums besucht, den Schulbesuch aber abgebrochen.
Sieben Minuten Horror
Der 21-jährige Täter sei bei dem siebenminütigen Amoklauf, der bis ins Detail geplant gewesen sei, in seiner ehemaligen Schule mit einer Pistole der Marke Glock, einer am Schaft abgesägten Doppelflinte und einem Jagdmesser bewaffnet gewesen, hieß es. Er habe eine Schieß-Brille sowie ein Head-Set getragen.
Zum Zeitpunkt des Amoklaufs befanden sich laut Polizei 350 bis 400 Schüler in dem Gebäude. Die Schule habe "sehr gut" auf den Angriff reagiert, sagte Lohnegger. Klassenzimmer seien versperrt worden und es sei versucht worden, Türen zu verbarrikadieren. Das richtige Verhalten in solche Szenarien werde immer wieder besprochen, teilte die Schulleitung mit.
Wahllos auf Opfer geschossen
Zunächst habe der Amokschütze im 2. Stock des Gebäudes wahllos auf Menschen geschossen, sagte Lohnegger. Danach sei er in den 3. Stock gegangen und habe die inzwischen von innen verriegelte Tür aufgeschossen. Praktisch zeitgleich mit dem Eintreffen der Polizei habe er sich mit einem Schuss in den Kopf selbst getötet. Der 21-Jährige habe noch genügend Munition gehabt, seinen Amoklauf fortzusetzen, sagte Lohnegger.
Bei einer Hausdurchsuchung am Wohnort des Angreifers entdeckten Ermittler auch eine Rohrbombe, die allerdings nicht funktionstüchtig war. Aus den gefundenen Dokumenten gehe hervor, dass dem 21-Jährigen die Zeit fehlte, die Bombe funktionstüchtig zu machen, so der LKA-Leiter.
Zehn Todesopfer, elf Verletzte
Bei dem Amoklauf des Österreichers starben neun Jugendliche vor Ort. Sie waren nach Angaben der Polizei zwischen 14 und 17 Jahre alt. Eine Lehrerin starb Stunden nach der Tat in einem Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen.
Elf Menschen wurden verletzt. Die meisten von ihnen mussten auf Intensivstationen betreut werden, doch ihr Gesundheitszustand sei stabil, hieß es vom Krankenhausbetreiber Kages.
Debatte um Waffenrecht hat begonnen
Nach einer ersten Phase des Schocks und der Trauer kommt in Österreich eine Diskussion über das relativ liberale Waffenrecht in Gang. Bislang haben sich Kommunisten und Grüne für eine Verschärfung ausgesprochen, die rechte FPÖ ist dagegen.
Die Tat hat ganz Österreich erschüttert. Die Regierung hat eine dreitägige Staatstrauer bis Freitag ausgerufen. Am Abend wird die Staats- und Regierungsspitze zu einem Gedenkgottesdienst im Wiener Stephansdom erwartet.
Unterdessen hat auch der britische König Charles III. den Angehörigen der Opfer und allen weiteren Betroffenen des Amoklaufs in Graz sein tiefes Beileid ausgesprochen. Er und seine Frau, Königin Camilla, seien geschockt und zutiefst traurig, schrieb der 76-Jährige in einer Stellungnahme auf der Plattform X. Das Königspaar sende allen Österreicherinnen und Österreichern "unser tiefstes Mitgefühl in dieser äußerst schmerzlichen Zeit".
Sicherheitsbehörden sorgen sich wegen Trittbrettfahrern
Die Sicherheitsbehörden berichteten von weiteren vereinzelten Drohungen gegen Schulen. Es habe Trittbrettfahrer gegeben, heiß es beim Innenministerium. Die Polizei habe jeweils Maßnahmen ergriffen. Im ganzen Land sind die rund 400 Mitglieder der Spezialeinheit Cobra in erhöhter Alarmbereitschaft.
Nach einer Bombendrohung wurde in Wien ein zentraler Platz und Verkehrsknotenpunkt gesperrt. Ein Unbekannter hatte ein Paket in das Foyer der Technischen Universität geworfen und angekündigt: "Gleich macht es Bumm", sagte eine Polizeisprecherin. Nach Räumung des Gebäudes untersuchten Sprengstoff-Experten das Paket. Es war ungefährlich.
Die Wiener Polizei ermittelt nach eigenen Angaben seit zwei Wochen gegen einen Zwölfjährigen, der auf Tiktok mehreren Mädchen aus seiner Schule mit sexueller Gewalt und dem Tod gedroht haben soll. Der Strafunmündige bestreitet den Vorwurf. Die Ermittler sehen auch keine Parallele zu dem Fall in Graz.
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