Unmoralisches Angebot oder Ablenkungsmanöver? CSU-Chef Markus Söder vertuscht die eigenen Probleme
München - Die CSU hat das mieseste Ergebnis einer Landtagswahl seit Jahrzehnten eingefahren. Selbst das Hessen-Ergebnis hat auf der CSU-Wahlparty mehr Applaus bekommen als das eigene in Bayern.
Hinzu kommt mit den Freien Wählern ein Koalitionspartner, der ein Selbstbewusstsein an den Tag legt, wie man es sonst nur von Uli Hoeneß kennt. Ein viertes Ministerium sollen die Freien Wähler nach AZ-Informationen bekommen, dafür kriegen sie einen Staatssekretär weniger. Aber was ist schon ein Staatssekretär wert im Vergleich zu einem Ministeramt? Die CSU hat sich ihrem Koalitionspartner willig ausgeliefert. Nun kriegt Söder die Quittung dafür.
Söders Ablenkungsmanöver: Schluss mit der Ampel, die Große Koalition soll's richten
Kurzum: Markus Söder hat gerade viele Probleme. Da scheint es kein Zufall zu sein, dass Söder nun ein vermeintlich großzügiges Angebot an den Kanzler macht. Eine Große Koalition soll's richten. "Eine Regierung der nationalen Vernunft", sagt ausgerechnet derjenige, der eben noch angezweifelt hat, ob sein Koalitionspartner in Bayern überhaupt noch im demokratischen Spektrum ist.

Ablenkung ist eben manchmal die beste Strategie, möchte man meinen. Im Wahlkampf der CSU in Bayern war das ja auch Programm. Nur kann so eine Kampagne, in der man nur gegen die Ampel wettert, eben auch nach hinten losgehen. Die CSU hat das gerade erlebt.
Bei einer Wahlrechtsreform könnte es eng für Markus Söder und die CSU werden
In der Partei ist der Unmut groß. Das Argument: Mit Blick auf Berlin hätten die eigenen Ergebnisse durch die Decke gehen müssen. Das war aber mitnichten der Fall.
Die Menschen trauen auch der Union wenig zu: Laut aktuellem ZDF-"Politbarometer" glauben nur 31 Prozent der Deutschen, dass eine von der Union geführte Bundesregierung es besser machen würde. 15 Prozent sind der Meinung, CDU und CSU würden es schlechter machen, 49 Prozent glauben, es mache keinen großen Unterschied. Ob Söder diese Zahlen kannte, als er am Freitagmorgen vor den Hauptstadtjournalisten in der Bayerischen Vertretung solch vollmundige Ankündigungen machte?
Söders Kalkül ist jedoch nicht nur Ablenkung: Die Wahlrechtsreform sitzt ihm und der CSU im Nacken. Denn die Partei droht, nach künftiger Regelung unter die 5-Prozent-Hürde zu fallen. Da wäre eine Regierungsbeteiligung doch ganz praktisch. Scholz dürfte wohl kaum unterstützen, dass die CSU sich dezimiert, sollte sie sein Koalitionspartner sein.