Praterinsel: Künstler Wolfgang Flatz kämpft um sein Atelier

Im einstigen Kunst-Babel sind 60 Prozent kulturelle Nutzung festgeschrieben. Der letzte Künstler am Ort wehrt sich gegen die Vertreibung.
| Eva von Steinburg
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Das Buch von Flatz zeigt unter anderem sein Atelier.
Das Buch von Flatz zeigt unter anderem sein Atelier. © privat

Altstadt - Diese Info sollten die Münchner kennen: Ihr Stadtrat hat 1993 beschlossen, dass 60 Prozent der außergewöhnlichen und romantischen Praterinsel kulturell genutzt werden sollen. 

"Damals haben die Künstler die Insel beseelt und aufgewertet. Sie sind teils mit falschen Versprechungen und im Zuge mehrerer Eigentümerwechsel gegangen", sagt Aktionskünstler Wolfgang Flatz.

Bauunternehmer soll das Schloss ausgetauscht haben

Sie kamen nie zurück. Der international bekannte Provokateur Flatz ist der letzte Künstler auf der Isarinsel. Seit 33 Jahren hat er hier sein Wohnatelier. Vehement wehrt er sich jetzt gegen die Vertreibung durch den Bauunternehmer Urs Brunner.

Seit Juni 2021 streitet sich Wolfgang Flatz mit dem Unternehmer vor Gericht – und vor dem Tor seines Wohnateliers, das Urs Brunner mit einer Eisenstange verriegeln ließ. "Mit rabiaten, miesesten Methoden versucht Brunner, mich zu vertreiben", so sieht es Flatz, "mit Einschüchterung und Bedrohung." Brunner habe Flatz Strom, Wasser und Heizung abgestellt. Er sei gewaltsam eingebrochen und habe das Schloss ausgetauscht, so Flatz.

Fotos und Presseartikel dokumentieren den Konflikt

Mit einer Zahlung von 2.000 Euro habe er gerade noch den Gerichtsvollzieher stoppen können, berichtete der Aktionskünstler vergangene Woche bei einer Lesung zum Thema. In den Augen des 69-Jährigen blitzt Kampfeslust auf. Er will sich nicht in die Knie zwingen lassen.

Die Umgebung auf der Praterinsel.
Die Umgebung auf der Praterinsel. © privat

Seine private Atelier-Fehde hat er deshalb inzwischen in den Rang einer Kunstaktion erhoben. Im Zweitatelier in der Obersendlinger Kistlerhofstraße - aus dem der Aktionskünstler ebenfalls vertrieben werden soll - präsentierte der Künstler sein Buch "So nicht Herr Brunner": Fotos und Presseartikel dokumentieren den Konflikt. Als Kunstaktion habe sich dieser zu einer "sozialen Skulptur" verselbstständigt, so Wolfgang Flatz.

Seine Anwälte und vier Stadträte, darunter David Süß von den Grünen und Thomas Schmid hören genau hin. Gäste, die den öffentlichen Kampf unterstützen wollen, nehmen sich schwarze Sticker mit dem Schriftzug "So nicht Herr Brunner" mit – um sie in der Stadt zu verteilen.

Flatz kämpft für viele Künstler, die in die Peripherie gedrängt werden, obwohl sie durch ihre Präsenz die Viertel aufwerten. "Empört euch, lasst nicht zu, dass dieser Raubtierkapitalismus das gesellschaftliche Klima vergiftet", so appelliert der Aktionskünstler.

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Flatz will in seinem Atelier bleiben

Bei der großen Mieterdemonstration in Berlin am 11. September 2021 war Flatz übrigens als Redner eingeladen. Tilman Schaich, Organisator des Münchner Mieter-Stammtischs, hatte ihn in die Hauptstadt geholt.

"Früher war auf der Praterinsel Underground wie nirgendwo in der Stadt", erinnert sich Mieteraktivist Tilmann Schaich (r., neben ihm Wolfgang Flatz) an die Atmosphäre auf der Praterinsel Ende der 90er Jahre.
"Früher war auf der Praterinsel Underground wie nirgendwo in der Stadt", erinnert sich Mieteraktivist Tilmann Schaich (r., neben ihm Wolfgang Flatz) an die Atmosphäre auf der Praterinsel Ende der 90er Jahre. © est

"Es ist gut, dass Flatz mit dem Buch jetzt so auf den Putz haut", findet Die-Partei-Stadträtin Marie Burneleit. Ihre Fraktion Die Linke/Die Partei hat eine Anfrage an OB Dieter Reiter (SPD) laufen: "Was ist eigentlich mit der Praterinsel? Was tut die Stadt, um den Beschluss von 1993 zur kulturellen Nutzung umzusetzen?"

Ein Teil der außergewöhnlichen Isarinsel mit ihrem verwunschenen Industriecharme gehört Bauunternehmer Urs Brunner. Wolfgang Flatz möchte in seinem Atelier bleiben – und nach Kräften verhindern, dass hier Luxuswohnungen entstehen – oder ein Hotel. Orte für Reiche, die den durchschnittlichen Münchner ausschließen.

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