Nach jahrelangem Leerstand: Die Stadt kauft die Agnesstraße 48
Schwabing - Zwei Jahre hat niemand mehr unter den stuckverzierten Decken geschlafen, gegessen, gelacht oder gestritten - denn so lange steht das etwa 100 Jahre alte Jugendstilhaus an der Agnesstraße 48 schon komplett leer.
Ein Investor hatte es gekauft und wollte es abreißen lassen - für einen zweigeschossigen Neubau mit Tiefgarage. Dann wurde es unter Denkmalschutz gestellt. Doch die meisten Mieter waren damals bereits ausgezogen. Denn ein Investor hatte die Miete immer weiter angezogen und die Bewohner vergrault. Danach ließ er die 15 Wohnungen leer stehen - und immer weiter herunterkommen. Inzwischen soll das Haus unbewohnbar sein.
Stadt hat Vorkaufsrecht
Doch jetzt hat sich der Stadtrat in einer nicht-öffentlichen Sitzung dafür entschieden, das Gebäude zu kaufen. Möglich ist dies, weil das Haus in einem Gebiet liegt, in dem die Stadt das Vorkaufsrecht hat. Eigentlich wollte der Investor 34,9 Millionen Euro für das Gebäude haben, so geht es aus den geheimen Sitzungsunterlagen hervor, die der AZ vorliegen.
Doch das Kommunalreferat, das Immobilienkäufe der Stadt abwickelt, hält diesen Preis für zu teuer. Die Verwaltung setzt deshalb auf das neue Baulandmobilisierungsgesetz, das es Kommunen ermöglicht, Immobilien preislimitiert zu kaufen. Zuvor mussten Städte wie München ebenso viel bezahlen wie jeder andere Spekulant. Das Gesetz eröffne Kommunen neue Spielräume, sagt Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU). Es sei ein Beitrag, die Preise nicht immer weiter in die Höhe zu treiben.
Der Stadtrat entschied sich nun, wie die AZ erfuhr, in einer nicht-öffentlichen Sitzung dafür, das Gebäude für 22,7 Millionen Euro zu kaufen. Auf diesen Wert kam das Bewertungsamt. Er liegt rund zwölf Millionen Euro unter dem, was der Investor verlangte. Stadträte von CSU und der Linken rechnen deshalb nicht damit, dass sich der Investor dies gefallen lassen wird. Weil es sich um ein neues Gesetz handelt, könnte das Ganze in einem Rechtsstreit enden, der sich womöglich jahrelang hinzieht, meinen die Kommunalpolitiker.
Investor könnte vor Gericht ziehen
Auch das Kommunalreferat weist in den Unterlagen darauf hin, dass der Investor ein neues Gutachten zum Wert des Gebäudes in Auftrag geben und vor Gericht ziehen könnte. Bis neue Mieter in die Agnesstraße einziehen, wird es also noch dauern. Außerdem muss die Stadt das Haus zuerst wieder bewohnbar machen. 39,5 Millionen Euro plant die Stadt für den Kauf und die Renovierung zu investieren.
Wahrscheinlich gehört der Kauf von Wohnimmobilien mit zu den teuersten Projekten der Stadt: 71,1 Millionen Euro gab das Rathaus dieses Jahr für neun Wohnhäuser aus. Im Jahr zuvor war es sogar noch mehr: Da kaufte die Stadt für 146,58 Millionen Euro 21 Immobilien. Für richtig hält Kommunalreferentin Frank diese Ausgaben trotzdem, um die Gentrifizierung zu bremsen.
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