Mieter in Haidhausen wollen ihr Haus kaufen – Stadt München gibt eine Million Euro dazu
Au-Haidhausen – Als ihr Zuhause, die Wörthstraße 8 in Haidhausen, plötzlich zum Verkauf stand, waren die Bewohner schockiert. Doch dann fassten sie einen Plan: Sie wollen ihr Haus kaufen, aus Mietern sollen Besitzer werden.
Über das Vorhaben hat die AZ im Mai berichtet. Insgesamt müssen die Mieter 4,5 Millionen Euro auftreiben, um die Hälfte des Hauses zu kaufen. Die andere Hälfte bleibt bei einer Stiftung. Die Bewohner sammeln seit ein paar Monaten Direktkredite von Privatleuten ein. Fast 2,5 Millionen Euro haben sie zusammen, zumindest haben für diese Summe 161 Menschen eine Absichtserklärung abgegeben. Nun ist klar, dass die Stadt auch eine Million ausgibt.

Klingt nach einem Schnäppchen, schließlich wollte ein Eigentümer nur 350 Meter entfernt am Johannisplatz für eine einzige 130 Quadratmeter große Wohnung fast ebenso viel. Dazu muss man wissen: Tatsächlich kaufen die Mieter mit dieser Summe nur das halbe Haus, die Hälfte gehört einer Stiftung, die ihnen garantiert, dass sie dort bleiben dürfen. Und dann sind 4,5 Millionen eben immer noch viel Geld für einen Briefträger, eine Schneiderin, einen Schreiner, einen Informatiker und alle anderen, die heute dort leben.
Am Mittwoch will der Stadtrat beschließen, mit einer Million Euro einzusteigen
Die Mieter der Wörthstraße 8 können sich freuen: Die Stadt unterstützt sie, dass sie ihr Haus kaufen können. So beschloss es der Stadtrat am Mittwoch. Dagegen waren CSU, Freie Wähler und FDP. Ein Geschenk ist das allerdings nicht. Denn die Stadt kauft sich damit für die nächsten 80 Jahre das Recht, fünf Wohnungen belegen zu dürfen, falls einer der Mieter auszieht.
Außerdem müssen die neuen Besitzer des Hauses günstiger als der Mietspiegel vermieten. So steht es in der Beschlussvorlage aus dem Sozialreferat. "Wir haben die Mietergemeinschaft an ihrem Küchentisch kennengelernt und wussten gleich, dass wir alles versuchen müssen, dieser unglaublich engagierten Gruppe zu helfen, ihr Haus und die bezahlbaren Mieten zu erhalten", sagt SPD-Chefin Anne Hübner.
Stadt unterstützt Mieter beim Hausverkauf – nicht alle Parteien sind damit einverstanden
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hält dieses Geld für gut angelegt, sagte er in der Sitzung. "Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir sonst oft dreistellige Millionen Summen ausgeben, um Häuser zu kaufen." CSU-Stadtrat Fabian Ewald ist sich da nicht so sicher. Er forderte eine Vertagung – zu viele Fragen seien aus seiner Sicht ungeklärt. Zum Beispiel, was passiert, wenn plötzlich viele Hausgemeinschaften mit dem gleichen Anliegen auf die Stadt zu kommen.
Noch strikter dagegen war FDPlerin Gabriele Neff. Sie befürchtet, dass die Stadt von ihrem Belegrecht ohnehin nie Gebrauch machen kann, weil die Hausgemeinschaft ein Mitspracherecht hat, wer einziehen darf. Auf diese Kritik reagierte Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD) gelassen. Tatsächlich sei es ihr Wunsch, dass es Nachfolgeprojekte gibt. 25 Millionen Euro stecken in einem Topf für ein entsprechendes Programm. Außerdem müssten die Mieter, die neu einziehen, Kriterien erfüllen – zum Beispiel dürfen sie nicht zu viel verdienen.
Mieter fehlt noch das Geld: Direktkredite von Privatpersonen sollen helfen
So richtig jubeln will Mieterin Katrin Göbel aber noch nicht, sagt sie am Telefon. "Erst, wenn wir es wirklich in der Tasche haben." Zumal ist trotz der Million aus dem Rathaus noch nicht der volle Kaufpreis zusammen.
Um das Haus zu finanzieren, sammeln die Bewohner Direktkredite von Privatpersonen. Das heißt: Wer Geld gibt, bekommt es später zurück – aber mit weniger Zinsen als eine Bank verlangen würde. Aber noch ist dieses Geld nicht überwiesen.
Mieterin Katrin Göbel ist zuversichtlich: "Bin überzeugt, dass wir es schaffen können"
Außerdem fehlt dann immer noch rund eine Million. Denn 2,47 Direktkredite plus Rathaus-Million macht eben nur rund 3,5 Millionen. Katrin Göbel ist trotzdem zuversichtlich: "Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen können."
Das Geld aus dem Rathaus sei da ein großer Baustein – allerdings hat aus ihrer Sicht auch die Stadt etwas davon: nämlich die Belegrechte – und die Garantie, dass zumindest in diesem Haus in Haidhausen weiterhin ganz normale Menschen zu bezahlbaren Mieten wohnen können.
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