Bei vielen Münchnern geht fast die Hälfte des Einkommens für die Miete drauf

Wohnen frisst Verdienste auf: Für viele geht dafür mehr als die Hälfte des Monatsgeldes drauf. Und die Lage wird noch schlimmer, so Experten. Besonders dramatisch ist die Situation in München.
Carsten Hoefer, Jörn Bender, Martina Scheffler |
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Wohnen zur Miete ist vielerorts zur großen Belastung geworden. (Symbolbild)
Wohnen zur Miete ist vielerorts zur großen Belastung geworden. (Symbolbild) © imago images / Sven Simon

Müchen - Die monatliche Miete ist für Millionen Menschen in Deutschland eine schwere finanzielle Belastung. 1,5 Millionen Haushalte in Deutschland gaben im vergangenen Jahr 50 Prozent und mehr ihres Nettoeinkommens für die Kaltmiete aus, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am vergangenen Freitag mitteilte. Strom, Gas und Wasser sind dabei nicht inbegriffen.

Weitere 1,6 Millionen Haushalte geben zwischen 40 und 50 Prozent ihres Nettoeinkommens aus, um sich ihre Wohnung leisten zu können.

Damit müssen 3,1 Millionen Haushalte mit einer weit überdurchschnittlichen Mietbelastung zurechtkommen. Das ist in etwa jeder sechste. Die durchschnittliche Mietbelastung liegt laut Behörde sehr viel niedriger bei 27,8 Prozent. Die Statistik sagt nichts darüber aus, zu welchen Einkommensgruppen diejenigen zählen, die einen so viel höheren Anteil für die Miete ausgeben. Darunter könnten Normal- oder Gutverdiener sein, die in exorbitant teuren Wohnungen leben. Fachleute gehen jedoch davon aus, dass es sich größtenteils um Menschen mit niedrigen Einkommen handelt.

"Die Mietbelastung insbesondere von Haushalten mit geringen Einkommen und in den Großstädten ist dramatisch", sagt Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. "Es ist ein Alarmzeichen, dass der Anteil der Einkommen, der für Wohnkosten aufgewendet werden muss, in den vergangenen Jahren noch weiter gestiegen ist."

Mieterverein München: Probleme in der Mittelschicht angekommen

Für München ergab 2020 eine Umfrage im Auftrag des hiesigen Mietervereins, dass jeder fünfte Mieter mehr als 45 Prozent seines Haushaltsnettoeinkommens für die Miete ausgeben muss. Neuere Zahlen liegen bislang nicht vor, allerdings seien in den vergangenen zwei Jahren die Mieten um 21 Prozent gestiegen. "Die Probleme auf dem Münchner Mietmarkt betreffen mittlerweile nicht nur Geringverdiener, sondern sind in der Mittelschicht angekommen", sagt Angela Lutz Plank, Geschäftsführerin des Mietervereins München, der AZ.

Der Verein schätzt zudem, dass vier von zehn Mietverträgen, die derzeit abgeschlossen werden, eine Indexklausel enthalten, sich also an der Inflation orientieren. Wenn Vermieter dann für einige Jahre die Miete dennoch nicht erhöhen, können sie mit einem Schlag eine Steigerung von beispielsweise 30 Prozent verlangen. Das sei "eine richtig krasse Belastung", so Lutz Plank.

Mieterverein: Rund eine halbe Million Münchner sind von Mieterhöhung bedroht

Derzeit sind nach Angaben des Mietervereins eine halbe Million Münchner von einer Mieterhöhung bedroht – mit Berufung auf den Mietspiegel können Vermieter den Anstieg begründen. Kaum überraschend: Der Verein hat derzeit mehr Neueintritte als in den vergangenen Jahren.

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Inflation: Lebenshaltungskosten schneller gestiegen als Einkommen

Im vergangenen Jahrzehnt war die Mietbelastung in Deutschland nach Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat trotz steigender Mieten sogar leicht zurückgegangen. Denn viele Menschen profitierten von Lohnerhöhungen, die über den sehr niedrigen Inflationsraten lagen. Im vergangenen Jahr sind die Lebenshaltungskosten wegen der hohen Inflation jedoch sehr viel schneller gestiegen als die Einkommen.

Entspannung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Haupttreiber des rapiden Anstiegs der Mieten im vergangenen Jahrzehnt waren Immobilienpreise. Mittlerweile steigen sie nicht mehr, doch Mieter werden davon voraussichtlich nicht profitieren. "Die Bautätigkeit geht beängstigend zurück", sagt Stephan Kippes, Marktforscher des Immobilienverbands Deutschland Süd. Wohnungen werden wohl knapp bleiben.

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31 Kommentare
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  • Mobilist am 17.04.2023 08:34 Uhr / Bewertung:

    Rauchmelder haben schon viele Leben gerettet. Bayern war das letzte Bundesland, welches diese verpflichtend gemacht hatte. Für die Vermieter ist es praktisch den Einbau und die Wartung an eine Fremdfirma zu vergeben, da diese Kosten auf die Mieter umgelegt werden können. Es reicht aber aus, wenn der Vermieter die Rauchmelder selber einbaut (kostet 10 € pro Stück, batterien halten 10 Jahre) und sich einmal pro Jahr vom Mieter betätigen lässt, dass diese noch funktionieren.

  • Mobilist am 17.04.2023 08:28 Uhr / Bewertung:

    Die Stadt hatte bis 2021 in Erhaltungssatzungsgebieten ein Vorkaufsrecht für Mietshäusen, von dem sie rege Gebrauch machte. Nach einen rteil des BGH, welches das Baugesetzbuch anders auslegte als die Gerichte in den 30 Jahren davor, gibt es dieses Vorkaufsrecht so nicht mehr. Die FDP blockiert hier eine Lösung. Wer sonst.

  • Ironü am 16.04.2023 21:41 Uhr / Bewertung:

    Das Symbolbild soll wohl ein gespielter Witz sein? Die nicht genutzten €€€igentumswohnungen am Alten Botanischen Garten sprechen Bände.

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